Fast scheint es eine Selbstverständlichkeit geworden zu sein, die in den Dreißigerjahren aus Wien vertriebenen Angehörigen der Tanzszene ausschließlich der Moderne zuzurechnen. Waren die Jüdinnen und Juden vielleicht, so mag man überlegen, diejenigen, die dem Neuen gegenüber aufgeschlossener waren? Zwei Persönlichkeiten, Ruth Sobotka und Eric Braun, beweisen, dass auch Wiener „Klassiker“ im Ausland zu reüssieren wussten. Mehr noch, beide nahmen jeweils herausragende Positionen in den führenden amerikanischen Ballettensembles ein, und beiden war es vergönnt, ihre Kunst auch im Nachkriegs-Wien zu zeigen.
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Der Tanz der Grete Wiesenthal hat sie zusammengeführt, die literarischen Jahresregenten Hugo von Hofmannsthal (geboren vor 150 Jahren, am 1. Februar 1874 in Wien) und Franz Kafka (gestorben vor 100 Jahren, am 3. Juni 1924 in Kierling). Anlass, Zeitpunkt und Ort des Geschehens: eine „Akademie“ mit Tänzen der Wiesenthal sowie Vorträgen von Hofmannsthal und Oscar Bie am 16. Februar 1912 in Festsaal der Sophieninsel in Prag; im Publikum: Kafka und sein Freund Max Brod. Wiesenthal tanzt „II. Ungarische Rhapsodie“ von Franz Liszt sowie die Johann-Strauß-Walzer „Frühlingsstimmen“ und „An der schönen blauen Donau“.
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Am 11. Juni 2024 findet in der Wiener Staatsoper die 250. Vorstellung der „Schwanensee“-Produktion von Rudolf Nurejew statt. (Die Zählung schließt Gastspiele mit ein.) Die Hauptpartien verkörpern Masayu Kimoto und Liudmila Konovalova. Die Premiere der für das Wiener Staatsopernballett kreierten Fassung des Balletts war am 15. Oktober 1964. Der damals 26-jährige Choreograf selbst war als Prinz Siegfried zu sehen, Margot Fonteyn tanzte die Rolle der Odette/Odile. Die Produktion wurde 1966 verfilmt, zum 50-jährigen Jubiläum erschien 2014 die DVD „Rudolf Nureyev’s Swan Lake“ mit Olga Esina und Vladimir Shishov als Protagonisten, 2023 widmete ZDF/ARTE der legendären Aufführung eine Dokumentation.
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In ein und demselben Jahr – 1884 – starben sie alle drei: im April Marie Taglioni, im November dann Fanny Elßler. Maries Bruder Paul war ihnen bereits im Jänner vorausgegangen. Die Gegenwart wird nicht müde, die beiden Tänzerinnen zu feiern. Wohl auch deswegen, weil man auch heute noch hinter der kontrastreichen Erscheinungsform der von ihnen getanzten Ballette – der Farbigkeit des Alltags und den in Weiß gehaltenen Erscheinungen – die Essenz jener kulturgeschichtlichen Epoche erkennt, von der die Romantik erzählt: von Trugbildern, Träumen, Wunderbarem, Irrealem, Fantastischem, von Visionen, Halluzinationen, Sinnestäuschungen, Flüchtigem und Wahn.
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Die Ankündigung der Versteigerung von Gustav Klimts Gemälde „Bildnis Fräulein Lieser“ (1917) am 24. April 2024 durch das Wiener Auktionshaus im Kinsky hat den Namen der Wiener Tänzerin Annie Lieser ins Spiel gebracht. Doch bis dato ist es ungewiss, wen das Bild eigentlich darstellt: Annie Lieser (1901–1972), ihre Schwester Helene Lieser (1898–1962) oder beider Cousine Margarethe Constanze Lieser (1899–1965). Wer immer es gewesen sein mag, die als Sensation gewertete Sonderauktion lenkt Aufmerksamkeit auf die moderne Tänzerin Lieser, die vielfach als „Schülerin von Grete Wiesenthal“ bezeichnet wird.
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Die Überlegung, ein Vertreter der Wiener Tanzmoderne könne irgendetwas mit dem amerikanischen Postmodern Dance zu tun haben, mag auf den ersten Blick absurd erscheinen. Und doch: Geht man nämlich den Spuren von Hans Wiener (aka Hans Renjeff, Jan Veen) nach – von den Wiener Anfängen, den künstlerischen Haltepunkten des modernen Tänzers in Deutschland und Schanghai bis zu seiner neuen Heimat in den USA –, bewegt man sich bereits in die Richtung der geäußerten These. Vergleicht man dann die rahmenbildenden Gegebenheiten – hier das Wien der Zwanzigerjahre, dort das Boston der Fünfziger und das New York der Sechziger –, ist neben persönlichen Naheverhältnissen verblüffend viel Ähnliches vorzufinden.
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Harry Neufeld ist jener – auch weiterhin unvollständigen – Aufstellung von Wiener Tanzschaffenden zuzuzählen, die zu Opfern des Nationalsozialismus wurden. Die Liste (siehe Wiener Tanzgeschichte „Kränze flechten“) umfasst an die hundertfünfzig Tänzerinnen und Tänzer, Choreografinnen und Choreografen. Die dort Genannten waren entweder jüdischer Herkunft oder politisch Verfolgte. Vielen von ihnen gelang die Flucht, manche konnten in anderen Ländern an ihre Wiener Karriere anschließen, einige von ihnen verloren ihr Leben. Sie alle aber waren Teil der so vibrierenden Tanzszene der Zwischenkriegszeit gewesen.
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Liebe Choreografinnen und Choreografen, folgen Sie doch bitte dem nachstehenden Aufruf! Verlassen Sie einmal ihre bereits erfolgreiche, (allseits) bekannte Komfortzone. Vergessen Sie Aktualität, sie ist morgen ohnedies von gestern! Wenden Sie sich doch einmal anderen Zeiten und konkreten Orten zu! Lassen Sie sich doch – wie man dies gerade im tschechischen Liberec tut – auf märchenhaften Zauber ein, dazu auf „altes“ Handwerk mit seinen Kompositionsstrategien und Bewegungsmaterialien. Versuchen Sie, das Allgemeingültige im Tradierten zu sehen. Die Ballette des tschechischen Komponisten Oskar Nedbal – etwa „Prinzessin Hyazinthe“ – eignen sich hervorragend dafür!
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Letzte Destination der viel reisenden Ingrid Giel war einmal mehr Zürich, genauer der von der Schweizer Chladek-Adeptin Annalies Preisig gestaltete und von drei Generationen ausgeführte Tanzgottesdienst „Anfang und Ende“. Gerade das dabei von Tanz, Ton und Wort gemeinsam getragene Alters- und Zeitübergreifende mochte die „Rhythmikerin“ Ingrid Giel besonders angesprochen haben, waren dies doch Aspekte, die im Mittelpunkt ihres eigenen Wirkens standen. Acht Tage später, am 11. September 2023, starb Ingrid Giel 85-jährig in Wien. Mehr als 50 Jahre war sie als „Künderin“ einer Idee und deren Protagonistin – Rosalia Chladek (1905–1995) – tätig gewesen.