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Schwanengesang 8967Ein „Sandmann“ war es (s. Kritik 1.Nov. 2018), mit dem der deutsche Choreograph Andreas Heise in Graz erstmals  begeisterte. Nun, bei der (längere Zeit verschobenen) Uraufführung seiner Tanzinterpretation von Franz Schuberts Liederzyklus „Schwanengesang“ gelang es ihm wiederum eindringlich zu überzeugen und somit das Publikum beim langen Schlussapplaus zum Stehen zu bewegen.  

Von Beginn an wird schon optisch suggeriert, dass es sich bei dieser Aufführung um eine enge, um eine gleichberechtigte Verflechtung, ja um ein angedeutetes Cross-Over der einzelnen Künste handle: Der ebenso markant wie unaufdringlich beleuchtete (Lichtdesign Johannes Schadl), seitlich auf der Bühne mit seinem Flügel platzierte Pianist, Emiliano Greizerstein, wird von Tänzern und Sänger immer wieder durch kleine Gesten in das Geschehen eingebunden und ist etwa schon anfangs von einigen, am Boden drapierten Tänzern als handlungsimmanent umrundet. Der empathische Liedinterpret Wilfried Zelinka - der gebürtige Steirer ist seit vielen Jahren hochgeschätztes Mitglied des Opernhauses - agiert nahezu ausnahmslos auch als darstellender Künstler, also als in Bewegung, Mimik und Gestik sehr präsenter und teilweise mit den TänzerInnen Interagierender. Die in dieser Choreografie in kleinen, aber emotional wichtigen Szenen als Tänzerin, als „konkretes“ Objekt der männlichen Sehnsüchte auftretende Ballettchefin Beate Vollack berührt wie er mit feinsinniger, theatraler Ausdrucksstärke – zusätzlich zu ihren tänzerischen Basis-Kompetenzen.Schwanengesang 9600 

Die TänzerInnen des Hauses, die Heise allesamt und mit gutem Gespür für ihre jeweiliges Können einsetzt, begeistern in unterschiedlichsten Zusammensetzungen mit hoher Präsenz wie auch als lückenlos in diesem Gesamtkunstwerk Integrierte. Ob in Soli oder in variationsreich sensibel, hoch emotionalen Pas de deux wie beispielsweise in dem ohne Musik-Begleitung zu „Ihr Bild“ getanztem. Oder aber auch in Ensembleszenen, in denen das Corps de Ballett einerseits in seiner Homogenität überzeugt, andererseits Eigenständigkeit und Kreativität in der Ausführung aufblitzen lässt. 

Schwanengesang 9214Die mutig schlichten, gleichbleibenden Kostüme (Louise Flanagan) in Braun-Tönungen vermitteln so manch ruhiger, etwa auch in Zeitlupe arrangierter Szene besondere Kraft. 

Dass Heise seiner Choreografie, seinen TänzerInnen immer wieder viel Zeit gibt, ist Basis für eine hohe Anzahl an dem, was als „bewegtes Gemälde“ zu bezeichnen ist; als etwas, das von einem tanzenden Pinsel der Sprache und dem Fluss der farbigen Töne eine homogene Lebendigkeit ausstrahlt, wie sie selten in derart anhaltender Dynamik und Emotionalität zu erleben ist. Schwanengesang 9644

Heises Intention, der gegebenen Mehrschichtigkeit durch das Zusammenspiel von Klaviermusik, Stimme und Text mit dem Tanz eine weitere Ebene hinzuzufügen, nämlich eine, die nicht nur bereits Vorhandenes mit ‚anderen Worten“ ausdrückt, sondern tatsächlich Mehrwert im Sinne von zusätzlicher Bedeutungstiefe erschließt, konnte Dank aller Beteiligten umgesetzt werden. Und: es ist die stete Bewegung, es ist der Tanz, der in all seiner formalen Bandbreite einen verbindenden, einen atmosphärisch roten Faden zieht zwischen den zwar thematisch verbundenen, aber doch sehr unterschiedlichen Texten dreier Autoren

„Schwanengesang“, Ballett von Andreas Heise. Uraufführung am 25. Mai 2022 im Opernhaus Graz. Weitere Vorstellungen: 2., 8. und 15. Juni