Der Autor Volker Schmidt hat mit „Schwarzweißlila“ das vielschichtige Portrait eines elfjährigen Mädchens auf der Suche nach ihrer Identität gezeichnet. Der Mutter-Tochter-Konflikt, die Suche nach dem Vater aus Afrika, die ihr entgegengebrachten Vorurteile oder das Thema Asyl werden direkt und empathisch angesprochen und von einem wunderbaren Schauspielerteam umgesetzt. Ja, Jugendtheater darf ruhig anspruchsvoll sein.
Die elfjährige Lila (berührend gespielt von Nancy Mensah-Offei) und ihre Mutter (Mira Tscherne) übersiedeln von der Groß- in eine Kleinstadt. In der neuen Umgebung stößt sie aufgrund ihrer Hautfarbe auf Argwohn und Vorurteile. Doch sie ist mutig, geradlinig und liebt kreativ-komplizierte Formulierungen, die sich wie Wissenschaftssprech anhören. Das imponiert ihrem Schulkameraden Dennis (Josef Mohamed) und dem Mechaniker Manfred (Sven Kaschte, der – äußert wandlungsfähig – auch als Ticketverkäufer der ÖBB und als Dennis' Vater auftritt). Doch die Beziehung zur Mutter, die sich weigert über ihren abwesenden Vater zu reden, eskaliert. Mithilfe ihrer neuen Freunde bastelt Lila an ihrem Traum von einer Familie. Als sie den Flüchtling Basuro (Futurelove Sibanda) als „Vater“ ins Haus bringt, erzählt ihr die Mutter endlich die Wahrheit …
Thea Hoffmann-Axthelm hat für diese Geschichte ein wandlungsfähiges Bühnenbild aus Umzugskartons entwickelt, die sich immer wieder zu unterschiedlichen Architekturen zusammensetzen lassen oder als Projektionsfläche für die von der Handkamera aufgezeichneten Puppenspiele dienen. Futurelove Sibanda sorgt mit seiner Soulstimme für groovige Gesangseinlagen und als Choreograf für coole Moves.
Volker Schmidt, der bei der österreichischen Erstaufführung des Stückes auch Regie führte (es wurde 2007 im Berliner Grips-Theater uraufgeführt), beschönigt nicht und müht sich auch nicht mit „political correctness“ ab. Er schildert das Schicksal des farbigen Mädchens in einer weißen Gesellschaft ohne Sentimentalität. Lila begegnet dem Alltagsrassismus mit einer gehörigen Portion Courage, Selbstbewusstsein und Schlagfertigkeit.
"Schwarzweißlila" im Dschungel Wien. Gesehene Vorstellung am 7. Februar (Österreich-Premiere am 4. Februar 2016). Noch zu sehen am 9., 10., 25. und 26. Februar, 17. bis 19. März und 24. bis 26. April 2016