Was bei dieser Uraufführung im steirischen herbst vor allem zu erfahren war: Nicht nur angekündigte Revolutionen finden nicht statt, sondern auch nicht angekündigte Perspektivenwechsel wie der Titel "The Music of Sound" verspricht; jedenfalls nicht solche, die horizonterweiternd sein könnten. Und auch dann nicht, wenn hinter dieser titelimmanenten Intention ein durchaus qualitätsversprechendes Team wie The Loose Collective steht.
Gleich zu Beginn wird zwecks atmosphärischer Verortung eine Bergsilhouette gezeichnet - in Ordnung. Aber wenn dieses, auf die Großleinwand projizierte Blatt nach seiner Fertigstellung gedreht, also die Silhouette auf den Kopf gestellt wird, kommen Zweifel auf, ob hinter dieser Wiederholung des Hinweisens auf die Vorgehensart nicht der eine und andere Leerraum sich zu verbergen sucht.Immerhin wurde vielversprechend angekündigt, „über nationale Identität und Zugehörigkeit zu reflektieren“. Inspiriert durch den weltweit erfolgreichen Film (Österreich ausgenommen) und wohl auch angeregt respektive veranlasst durch die vielschichtige Brisanz des Themas.
Und so wartet man also, eingestimmt und „vorgewarnt“ durch mediales Vogelgezwitscher, auf ironische, geistreiche, reflektierende – auf, wie auch immer, aber jedenfalls „harte“ Kost; auf ein anregendes „…sharing ideas“ . Und da sitzt er auch schon, der feingewandete, siebenköpfig Trapp-Nachwuchs und stimmt ein fröhliches Liedchen an. Doch, ja: da werden auch Gedanken wie: „…what we believe is what we want to believe…“ formuliert. Und dann, nach tiefem, zeitlichem Film-Schnitt, lustwandelt „Maria“ glücklich über die (Bühnen-)Wiese, GefährtInnen im Geiste gesellen sich zu ihr – in des Zusehers Kopf das Bühnen-Bild zu denen des Films – und man kann immerhin schmunzeln.
„And now what?“ wird auf der Bühne gefragt und denkt sich gleichermaßen der Hörer/Seher; insbesondere auch nach einem von mehreren nicht unklug formulierten Sätzen und Antworten wie „No sense to ask where someone is from“, da man ohnehin nur die Nationalität erfahre. Derartige Denkanstöße verpuffen jedoch im luftleeren Raum, da in diesem „Patchwork-Stück“, als welches es ohnehin auch schon angekündigt wird, also gleich ganz anderes an angerissenen Gedanken nachfolgt. In einem dümmlich-ironischen „Volkslied-Text“ etwa, zum Schmunzeln wiederum, aber, siehe oben: „ And now what?“
„We could do a postnational performance“, heißt es etwas später und ein buntes Vogelvolk bewegt sich über die Bühne – ganz amüsant, aber nicht mehr und das gilt auch für das Folgende.
Ausgenommen allerdings die sich abschließend aufblasende, überflüssige Hüpf-Burg, für die auch noch Bilder bemüht werden wie: Es sei nicht genug Platz in dieser; interessant an ihr sei, dass der Eingang eigentlich zu klein - was solle der draußen bleibende Rest machen und dergleichen …
The Loose Collective: "The Music of Sound", Uraufführung am 8. Oktober 2015 im Dom am Berg, Graz, im Rahmen des steirischen herbst. Weitere Vorstellungen: 10. Oktober ebendort und 12. bis 14, November im Tanzquartier Wien