Die Ballet Days, die heuer zum vierten Mal über die Bühne des Wiener Odeon gingen, sind eine Leistungsschau von Tanzschulen – „abseits von Konkurrenz und Wettbewerbsdruck“, wie der künstlerische Leiter Gregor Hatala (Solist der Wiener Staatsoper) betont. 23 Schulen aus Österreich, Ungarn, Italien, Tschechien, Slowenien und der Slowakei nahmen mit 63 Tänzen teil.
Ein Megaprogramm über fünf Tage mit Workshops und fünf Vorstellungen mit Darbietungen von angehenden Profis aus berufsbildenden Schulen und von TänzerInnen, die ihrem Hobby in Studios nachgehen. Alle gaben ihr Bestes, nicht alle erreichten den künstlerischen Ausdruck ohne den der Tanz leicht zu Gymnastik wird.
Ob sich TänzerInnen ausdrücken könne, liegt auch – oder besser: vor allem – an der Choreografie. So machten beispielsweise die Damen im Stück „Entre Elles“ (Choreografie: Mustapha Barkati) und der Herr in „Opus“, beide aus dem Move On Dance Centre, sehr gute tänzerische Figur. Witzig und sehr lustvoll tanzten auch die „5 Girls“ des Milan Dance Centre.
Hervorragend das Konservatorium Ljubljana, etwa mit dem Stück „The Roots of My Wings“, einer modernen Variation im klassischen Stil zum Thema Schwan mit humoristischem Einschlag. Aber auch in den anderen Darbietungen überzeugten die jungen TänzerInnen mir ihrer Natürlichkeit und ihrem tänzerischen Flair. Diese Schule achtete sehr darauf, dass die TänzerInnen sich ihrem technischen Stand entsprechend bestens präsentieren konnten.
Erstaunlicherweise gab es relativ wenige kleine Kinder unter den TeilnehmerInnen. Dafür lieferte das Ballettstudio Karussell mit drei Tänzen ein Paradebeispiel, wie man auch die Kleinsten an das klassische Ballett heranführen kann, ohne sie zu verbiegen und ihnen die Freude zu nehmen. Diese Kinder tanzen! Denn die Lehrerin, Vera Aleksenko hat ihnen den „Russischen Tanz“, den „Zigeunertanz“ und den „Vogerltanz“ perfekt auf die jungen Körper choreografiert, hat sie dabei mit Schnelligkeit und genauem Proben gefordert, aber technisch nie überfordert.
Freilich gab es auch jede Menge klassischer Variationen, von „Dornröschen“ bis „Paquita“ zu sehen, und die SchülerInnen vom Tanzkonservatorium Brünn bis zur Ballettschule der Wiener Staatsoper – um hier nur einige zu nennen – behaupteten sich tapfer in der hohen Kunst des akademisch klassischen Tanzes. Die Ballettschule der Wiener Staatsoper wartete als Abschlussdarbietung der Ballet Days mit der Choreografie „Lets Jazz“ auf, einem Hybrid aus Spitzentanz, Walzer-, Tango- und Jazz-Moves. Die sexy Nummer wurde allerdings weder der Musik (Jazzstandards) noch den jugendlichen Tänzerinnen gerecht, denen das Feeling für Jazz (noch) ebenso fehlt wie die erotische Allüre – auch wenn sie High Heels tragen.
Bei jeder der fünf Vorstellungen gab es Stargäste, die das Ziel, dem der Nachwuchs nacheifert, verkörperten. Charmant der gebürtige Wiener Rainer Krenstetter, Solist beim Staatsballett Berlin, in der leichtfüßigen Choreografie „Barocco“ von Renato Zanella zur Musik von Georg Friedrich Haendel. Victoria Jalani und Temur Suluashvili, gebürtige Georgier und Mitglieder der Joffrey Ballet Company sind ein optimal aufeinander eingespieltes Paar (nicht nur auf der Bühne, sondern auch privat). Suluashvili agierte als perfekter Partner in einem neoklassischen Pas de deux, bei dem die außergewöhnlich biegsame Victoria Jalani kaum den Boden berührte. Pascal Loussouarn, Tänzer der Company in Bruce Taylors ChoréOnyx in Paris, zeigte mit der Solistin Marie-Laure Fauduet das Duett „Interstice“ in einer sehr weichen und fließenden zeitgenössischen Bewegungssprache.
Das eigentliche künstlerische Highlight dieser Ballet Days war für mich jedoch die Konservatorium Wien Privatuniversität mit „Variations“ von William Forsythe (Einstudierung: Esther Balfe). Diese schwierige Choreografie, deren erster Teil in völliger Stille getanzt wird, meisterten die SchülerInnen mit erstaunlicher Reife und vermittelten so die Intention dieser Kreation mit einer geschickten Paarung aus technischem Können und performativer Gelassenheit.
Ballet Days 2013. Gesehene Vorstellungen: 2. Juni (16 Uhr und 19:30 Uhr) und 5. Juni. Eine Veranstaltung des Österreichischen Tanzrat OTR im Odeon