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assassinate assangeWeiße und rosa Gorillas tanzen im Brut im Künstlerhaus den Blues des Internets, der subversiven Schwarm-Intelligenz. Die Performance „Assassinate Assange“ beruht zum größten Teil auf Darstellungen von Interviews der Regisseurin Angela Richter mit WikiLeaks-Gründer Julian Assange in seinem Asyl in der ecuadorianischen Botschaft und Protokollen der Aussage zweier Frauen, die ihm sexuelle Übergriffe vorgeworfen haben.

Zwischen Zuschreibungen von Held, Cyber-Terrorist oder Feigling, findet der Mensch Julian Assange seine mediale Entsprechung. Er gilt als „Rockstar“ unter den Internetaktivisten. Angela Richter hat seinen medialen Aufstieg und Fall mit rund einem Dutzend Gorillas auf der Bühne visualisiert, die - musikalisch eindrucksvoll von Malakoff Kowalski (Piano und Voice) geführt - tanzen, marschieren, den Interviewpartner Assange doublen – und als Darsteller in einem Shooter-Game-Video von Maschinengewehren erschossen werden. Das "Spiel" erinnert an das von WikiLeaks veröffentlichte "Collateral Murders" Video, das einen Mitschnitt eines Angriffs eines US-Hubschraubers 2007 in Bagdad zeigt, bei dem Zivilisten und zwei Journalisten getötet und zwei Kinder schwer verletzt wurden.

Die Gorillas auf der Bühne sind lebende, bewegliche Kulissen, die die „Crowd“ symbolisieren, die Masse der subversiven Nutzer und Nutzerinnen des Internets. Unter dem Gorilla-Kopf schält sich manchmal ein Mensch hervor: die Interviewerin und Regisseurin Angela Richter, ein Erzähler oder eine Erzählerin, die über Wikileaks und die Geschichte des Internets berichten. Oder die beiden Darstellerinnen der  Frauen, deren Aussagen die schwedische Staatsanwaltschaft aufgegriffen hat und wegen sexueller Übergriffe gegen Assange ermittelt.

Die Protokolle dieser Aussagen werden auf der Bühne von den Schauspielerinnen Melanie Kretschmann und Iris Minich textgetreu, aber überzeichnend dargestellt. Aus den Protokollen geht hervor, dass der Beschuldigte möglicherweise ein Präservativ absichtlich "manipuliert" habe und dass er bei einem einvernehmlichen Sexualkontakt mit einer Partnerin kein Präservativ anlegte. Assange hatte nach einer ersten Einvernahme in Schweden das Land wieder verlassen, nachdem der Fall wegen Nichtigkeit niedergelegt wurde. Der Fall wurde jedoch wieder aufgenommen und gegen Assange ein internationaler Haftbefehl erlassen. Auf der Flucht vor einer Auslieferung hat sich Assange in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet, da er von Schweden eine Auslieferung an die USA befürchtet. Der Titel der Aufführung "Assassinate Assange" stammt aus einer Schlagzeile in der "The Washington Times": ein Artikel in dem ein eindeutiger Aufruf zu seiner Ermordung stand.

Man könnte Angela Richter vorwerfen, dass sie mit ihrer Darstellung der Frauen höchst einseitig - zugunsten Assanges - bewerten wollte. Richter provoziert bewusst damit und setzt einen Kontrapunkt zur medialen Vorverurteilung Assanges.

Bevor der Fokus von den interessanten Themen des Abends - Cyber-Activism oder vom Whistleblower Assange - gänzlich zu seinen "privaten" Entgleisungen entschwindet, inszeniert Richter eine Rückkehr zum Wesentlichen. Die Schauspielerin Melanie Kretschmann erzählt die Geschichte eines amerikanischen Soldaten, der nach dem mit dem Video "Collateral Murders" bekannt geworden US-Hubschrauber-Angriffs, die zwei schwer verletzten Kinder findet. Hier kommt der Abend endlich wieder dem Thema "Freedom of Speech" näher, unter dem die Performance läuft. Assange selbst sieht im Internet das Potential, einer Vereinheitlichung der Menschen entgegenzuwirken, da Informationen weit vielfältiger sein können, als sie auf einer Titelseite eines Massenmediums Platz bekommen können.

Höchst kontroversiell wurde die Aufführung übrigens im Vorfeld aufgenommen: Die Basisgruppe der Theater-, Film-, und Medienwissenschaft forderte die Theaterleitung gar in einem offenen Brief dazu auf, die Veranstaltung abzusagen, der Vorwurf: marginalisierte Darstellung sexueller Gewalt. Die Theaterleitung tat gut daran, den offenen Diskurs im Rahmen des Schwerpunkts zur Redefreiheit zuzulassen. Das Publikum applaudierte heftig und blieb zum Publikumsgespräch um lange zu diskutieren. Ein gelungener Abend!

Angela Richter "Assassinate Assange" am 21.10.2012 im Brut-Wien, www.brut-wien.at

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