„The Puzzled Wife“, das aktuelle Projekt des Choreografen und Regisseurs Bernd Roger Bienert, das Text, Gebärdensprache und Tanz vereint, ist in „drei Stationen“ konzipiert. Die erste Station im Austria Kunstforum war ein Monolog. Auf der zweiten Station im KosmosTheater hat Bienert das Stück auf zwei Teile erweitert. Knebels Monolog bleibt das tragende Element, das auf verschiedenen Ebenen durch Gebärdensprache und Tanz transformiert wird.
In der Choreografie im ersten Teil des Abends gibt die gehörlose Darstellerin Alice Xiaoshu Hu den „Ton“ an. Gesten aus ihrer Geschichte, die sie in der Gebärdensprache erzählt, werden von drei Tänzerinnen und einem Tänzer aufgenommen, verwandelt, erweitert, aufgelöst, untereinander weitergegeben, und tänzerisch zu neuen Stories verbunden. Immer wieder schaltet sich Alice Xiaoshu Hu ins Geschehen ein, wechselt Stimmung und Richtung des Verlaufs, fasziniert durch ihr elegantes, lebhaftes Gebärden-Spiel. Die in schwarz gekleideten Tänzer wirken hingegen artifiziell und wie fremdgesteuert. Auf Schuhwerk mit hohen Keilabsätzen staksen sie wie Mannequins über die Bühne - unsicher, mitunter zaghaft. Am Ende fassen sie einander an den Händen und ihre Silhouetten formieren sich zu einer Linie. Der gegensätzliche Interpretations-Modus und die Schlussszene deuten an, was sich durch Knebels Performance im zweiten Teil des Abends klären wird: die zum Artefakt gewordenen Biografien der prominenten Frauen mutieren zu einer neuen Gestalt. Doch vorerst lässt die Choreografie das Publikum etwas ratlos zurück.
Vieles daraus wird erst im zweiten Teil des Abends schlüssig. Knebel macht sich den Text, den Bienert für ihn geschrieben hat, ganz zu eigen und kreiert aus den Textfragmenten von drei prägenden Frauengestalten, die rasant zwischen Kaiserin Sisi, Romy Schneider und Elfriede Jelinek hin und her schwanken, eine neue Figur – „The Puzzled Wife“. Er ist Herrscherin, Diva und Intellektuelle, ist sanft, ironisch, ernsthaft und aggressiv. Knebel spricht, spielt, springt, moderiert, kommentiert und tanzt - ein Tänzchen à la Pina Bausch, mit der er in den frühen Jahren des Tanztheater Wuppertal zusammengearbeitet hat. Die Ambivalenz und Absurdität des Textes wird durch Andrea Rohrauers ausdrucksvolle Übersetzung in die Gebärdensprache verdoppelt. Auf die Gemütszustände reagiert der Tänzer Karl Schreiner als Knebels Alter Ego.
Auf der dritten Station, wenn das Stück in die ehemalige Anker Expedithalle übersiedelt, werden sie alle zusammengeführt. Dort inszeniert Bienert „The Puzzled Wife“ als performative Rauminstallation, in der die beiden Teile simultan ablaufen und die Puzzlesteine dieses spannenden Projekts ein neues Ganzes ergeben.
Bernd R. Bienert: The Puzzled Wife, Kosmos Theater 27. Mai
Weitere Vorstellungen: 3. und 4. Juni
3. Station: Anker Expedithalle, 6. und 7. Juni
Der Text erschien in gekürzter Fassung am 31. Mai in der Tageszeitung Der Standard.