Es stimmt schon: es fällt sich weniger, und wenn schon, dann viel charmanter, wenn man tanzt. Meine liebe Freundin Patrizia, Schul-Sitznachbarin vor hundert Jahren, die ich vom Tanzen überzeugen konnte, sieht das auch so. Eigentlich wollte sie damals, vor vier, fünf Jahren, nur fürs Eistanzen ein bisschen Ballett machen. Jetzt fährt sie extra zwei Busstunden, um nur ja keine Tanzstunde zu versäumen. Und fällt seltener als damals, in der Acht A.
Apropos Eislaufen: war ich kürzlich wieder einmal. Ich dachte mir: wenn ich nun die sieben Schwerpunktebenen der Rosalia Chladek auf dem Tanz-Boden halbwegs beherrsche, dann wird mir auch der Wiener Eislaufverein gnädig sein. Und tatsächlich habe ich mich weitaus souveräner gefühlt – und auch so bewegt.
Bewegung. Sagt sich so leicht und macht sich so schwer. Wenn einem aber einmal die Schwerkraft das freundschaftliche „Du“ angeboten hat, wird alles leichter. Rosalia Chladek hatte das schon in den 1920 und 30er Jahren erfahren und gelehrt.
Doch bewegte Körper sind mehr als nur Schwerkraft- und Schwerpunktverlagerungen. Das Spektrum von „ganz unten“ bis „himmelhoch springend“ ist doch, geben wir es zu, der Seismograph unseres Lebens. Und je länger dieses schon dauert, um so länger, um so deutlicher, bebt es (in) uns.
Dann wird nicht nur Schweiß produziert, dann fließen auch mehr oder weniger sichtbar Tränen, und dann werden Hilflosigkeit, Trauer, Höchstgefühl und Glück zu engen Nachbarn.
Deswegen ist aber Tanzen auch so eine Grundsatz-Entscheidung. Lasse ich das alles, diese Emotionen, zu? Und auch: lasse ich zu, dabei womöglich gesehen („ertappt“) zu werden? Meine Antwort kennen Sie ja.
Christoph Mandl hat sich im reifen Alter entschlossen, eine Tanzausbildung im System Rosalia Chladek zu machen, über die er in der tanz.at-Serie „I, move“ schreibt.
Demnächst: Frag nie Dein Knie.