Ende September starteten die Proben zum großen Tanz- und Musik-Community-Projekt „alles bewegt“ im Festspielhaus St. Pölten. In zwei Auditions ertanzte sich die gebürtige Kärntnerin Leonie Humitsch einen der sechs begehrten Plätze als choreographische Assistenz und verstärkt nun an der Seite von Simon Mayer das künstlerische Team.
„Natürlich ist es schwierig sich als junge zeitgenössische Tänzerin und Choreografin zu profilieren“, bestätigt Leonie Humitsch (26) und richtet ihren zarten, langgliedrigen Körper kerzengerade auf. „Aber ich will das. Und ich mach’ das schon mein ganzes Leben lang. So wie essen. Ich hör’ auch nicht von heute auf morgen zu essen auf. Also hör’ ich auch nicht auf zu tanzen.“
Es klingt bestimmt, fast trotzig, als hätte sie die Nase voll, ihre exotische Berufswahl ständig erklären zu müssen. Besonders jetzt, wo die gebürtige Kärntnerin aus Paternion auf Erfolgskurs segelt. Im Sommer gastierte sie beim Millstätter Kunstlabor mit dem Solo „will/ kann/ soll [b]auch so sein“ dermaßen erfolgreich, dass Andrea K. Schlehwein ihr für 2013 eine Residency in der Dépendance Stift Millstatt anbot. Am 29. September startete im Festspielhaus St. Pölten das große Community-Projekt „alles bewegt“, welches 150 Laien unterschiedlicher Generationen einbindet. In zwei Auditions ertanzte sich Leonie Humitsch einen der sechs begehrten Plätze als choreographische Assistenz.
Eigentlich war’s ja die Oma. Ihr fiel auf, dass sich die kleine Leonie ständig zu Musik bewegt. Woraufhin sie die Fünfjährige kurzerhand in der Ballettschule Zechner in Spittal an der Drau anmeldet. „Dort bin ich dann bis zur Matura geblieben und lernte alles, von Ballett über Jazz bis zu Modern Dance.“ Es folgt ein zweijähriges Intermezzo am Salzburger Orff-Institut, ehe Leonie Humitsch an das Konservatorium Wien wechselt, um Pädagogik für modernen und zeitgenössischen Tanz studieren. 2009 wurde sie dort für ein Solo ausgezeichnet in Form eines Stipendiums der Enami-Stiftung beim 8. Fidelio Wettbewerb der Hugo-Breitner-Gesellschaft zur Förderung junger Künstler an der Konservatorium Wien Privatuniversität.
Nach dem Abschluss im Jahr 2010 bleibt sie, denn Wien bietet der aufstrebenden Künstlerin mehr Möglichkeiten. Wie sehr die Kärntnerin dort die Alpen vermisst, spürt man im Solo „gartenEden“, das im Frühling in Bregenz und Wien zu sehen war und 2013 nach Kärnten kommen soll. Auf grünem Kunstrasen verschränkt sie Live-Tanz mit Filmaufnahmen von ihrem Körper im Freien. „Ich bin in den Bergen aufgewachsen und sehr naturverbunden. Wandern, bergsteigen und Schitouren gehen mit Papa, Mama und meiner kleinen Schwester Elisa prägten meine Kindheit.“
Ihr gegenwärtiges Leben dominieren Trainings, Proben, Auftritte, Unterrichten oder Projektanträge schreiben. Tut sich dennoch spärliche Freizeit auf, so liest sie - selbst in einer Beziehung lebend - am liebsten Familienromane. „Mich interessieren, Geschichten, die das Leben schreibt.“ Diese erzählt Leonie Humitsch mit ihrem Körper, weich, fließend, raumgreifend oder kantig und zielstrebig oder anders, je nach nachdem eben. Im St. Pöltener Community-Projekt erzählen andere die Geschichten. Eine neue Erfahrung, auf die sie gespannt ist.
http://www.festspielhaus.at/kulturvermittlung/alles-bewegt
Dieser Beitrag ist in gekürzter Form am 1. Oktober 2012 in der Kleinen Zeitung erschienen