Rückkehr als Choreograf. Es ist das erste Mal, dass Mama und Papa eine Choreographie von ihm live gesehen haben. Bis zur Uraufführung des Tanzstückes „Kiki – die Vermessung einer Frau“ am 2. August im Bleiburger Kulturni dom hatte der vierundvierzigjährige Tänzer und Choreograph Günther Grollitsch nie in Kärnten künstlerisch gearbeitet.
Eine Tanzkarriere war keineswegs vorgezeichnet. Wohl ermutigten sowohl Nora Mackh als auch Regina Kestlová-Wochinz den Gymnasiasten Grollitsch Tanzstunden zu nehmen, weil er so talentiert sei. Doch damals bevorzugte er die bildende Kunst und schloss eine Lehre als Goldschmied ab.
Erst als ihn ein Freund 1989 zu einem New York-Trip überredete, fing er Feuer. „Wir tanzten den ganzen Tag. Wenn eine Stunde aus war, überquerten wir die Straße und machten im nächsten Studio weiter. Alles fühlte sich paradiesisch an: das Lebensgefühl, die Energie, das Flair der Metropole!“
Zurück nach Europa verfeinerte Grollitsch seine Ballettkenntnisse an der Frankfurter Hochschule der Künste, danach absolvierte er eine zeitgenössische Ausbildung an der Rotterdamer Tanzakademie. Finanziert hat sich der schlaksige, dunkel gelockte Einmetereinundneunziger diese Jahre durch Modeln. „Ich bin viele Modeschauen gelaufen.“
Rückblickend war sein erstes Engagement in der israelischen Kibbutz Contemporary Dance Company von 1994 bis 1996 die schönste Zeit als professioneller Tänzer. „Ich tanzte zunehmend Soloparts und durfte bald bei der Stückentwicklung helfen.“ Es folgten Wanderjahre durch die deutsche Stadttheaterlandschaft von Münster über Gießen nach Freiburg. „Meine Mutter betrieb eine Frühstückspension in Krumpendorf am Wörthersee. Das deutsche Naturell war mir also seit Kindesbeinen vertraut.“ Vor 10 Jahren schlug der quirlige Künstler, der in einer fixen Beziehung lebt, seine Zelte in Bremen auf. Dort leitet er gemeinsam mit Helge Letonja die freie Kompanie steptext dance project. Etwa zeitgleich etablierte er mit Corinna Mindt die tanzbarbremen als Plattform für beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Tanzschaffende.
Die Einladung des Center for Choreography Bleiburg nach Österreich freut Günther Grollitsch naturgemäß sehr. Emsig probte er vor Ort für seine Kiki Kogelnik-Produktion. „Ich dachte immer, Kärnten ist zu gemütlich um künstlerisch zu arbeiten. Aber in Bleiburg geht es sehr gut.“
Dieser Artikel ist ein Originaltext der Kleine Zeitung vom 2. August 2012