Max Pollak ist ein echter Kosmopolit. Seine ursprünglichen Wurzeln liegen in Österreich, doch heute ist er ebenso in New York und Kuba zuhause. In den USA ist der sympathische Ausnahme-Stepptänzer ein Star in seinem Genre und sein Konterfei ziert mittlerweile auch eine Briefmarke, die von der Post der Vereinigten Staaten, aufgelegt wurde, um „den einzigartigen, amerikanischen Beitrag zum Welttanz zu feiern“.
Obwohl die fünf auserwählten Tänzer und Tänzerinnen, die auf den Briefmarken zu sehen sind, Koryphäen sind, bleiben sie aufgrund von gesetzlichen Vorschriften der Post anonym. Diese talentierten Vertreter der Kunstform sind stellvertretend für „alle Stepptänzer*Innen der Vergangenheit und der Gegenwart, die den Stepptanz zu einer dynamischen Kunst gemacht haben, und die sich unter dem Einfluss neuer kultureller Einflüsse ständig weiterentwickelt“, so ein Sprecher der US Postal Services.
All das vereint Max Pollak in seiner Person, sieht er es doch als seine Aufgabe, „das wichtige Erbe, das die Jazzmusik und die afro-amerikanische Kultur für die Weltkultur bedeuten“ zu verbreiten. Schließlich reicht ihre Einfluss bis in die heutige Zeit, etwa in die Hip Hop Bewegung. Außerdem hat Max den Stepptanz um eine südamerikanisch-karibische Spielart erweitert, und den Rumbatap kreiert.
Begonnen hat allerdings alles mit Fred Astaire Filmen, die er als Kind im Fernsehen gesehen hat. Stepplehrer, so Max, gab es damals in Österreich nicht. Also tanzte er nach, was ihm an Eindrücken, die die Filme bei ihm hinterlassen hatten, blieb. Improvisieren sei daher heute für ihn „so natürlich wie atmen“.
Mit 14 Jahren nahm er dann erstmals Unterricht und zwar in einem Workshop in Wien mit dem 1917 geborenen Carnell Lyons. Dieser legendäre Vertreter des Jazz Tap erkannte schnell das Talent seines Schützlings und machte ihn bald zu seinem Assistenten, auch weil der Junge das beste Englisch von allen sprach.
Nach der Matura absolvierte Max Pollak die damalige Musical-Ausbildung im Theater an der Wien und Engagements führten ihn auf unterschiedliche Bühnen in Österreich und Deutschland. Die Karriere lief also befriedigend an.
Ein Fall von American Dream
Eine Urlaubsreise sollte aber sein Leben nachhaltig verändern, als er 1991 nach New York reiste, um einen Freund zu besuchen. Aus dem geplanten Kurztrip wurde ein Daueraufenthalt, denn, eher aus Neugier, nahm Max an der Audition des renommierten Ensembles Manhattan Tap teil – und wurde gleich engagiert. Was wie ein Märchen in der hart um Jobs kämpfenden New Yorker Tanzgemeinschaft klingen muss, bot Max die Gelegenheit für seine intensive Auseinandersetzung mit dem Stepptanz.
Er arbeitete mit den Großen der Tanz- und Jazzszene und bekam „Geschichts- und Lebensunterricht aus erster Hand“. Und so erklärt er auch die Krise des Stepptanzes von den 1960er bis 1980er Jahren vor dem Hintergrund der rassistischen Geschichte und dem Durchbruch Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen in den USA. „Steppen wurde damals als Emblem für ‘Uncle Tom‘ und als Makel angesehen. Damit wollten sich die Afro-Amerikaner nicht mehr identifizieren. Gleichzeitig hat es auch zu einer Verminderung der Arbeitsgelegenheiten für Stepptänzer geführt. Nachtclubs haben sich geweigert, Steppshows in ihr Programm aufzunehmen.“ Ein weiterer Faktor war die Entwicklung der Rockmusik. „Die Musik wurde immer lauter“. Darin gingen die Rhythmen der Stepptänzer unter, und die Tänzer nahmen Abstand von live Auftritten.
Erst in den 1970/80er Jahren gab es ein Revival. Durch Filme wie „White Nights“, „Tap Dance“ oder „Cotton Club“ und Persönlichkeiten wie Gregory Hines und Eubie Blake sowie durch Broadway Shows wurde der Stepptanz wieder populär. Auch immer mehr weiße Tänzer begannen sich für das Steppen zu interessieren.
Max Pollak bezeichnet sich nicht nur als Tänzer, sondern auch als Musiker. Er hat es studiert. An der New York New School of Music hat er seine Ausbildung bekommen, sich mit Klassik ebenso wie mit Jazz auseinandergesetzt. Heute findet er: „Jeder Stepptänzer sollte Musik studieren“, denn dieses musikalische Wissen, dass er dort erfahren hat, ist ein unüberbietbarer Mehrwert für seinen Tanz. Er schreibt selbst Musik, macht Arrangement, weiß aber auch, wie ein Dirigent arbeitet und kann mit ihm auf Augenhöhe kommunizieren. Das kommt ihm besonders bei seinen Auftritten mit großen, klassischen Orchestern zugute. „Steppen und Body Percussion sind ein Instrument wie die Oboe“, sagt er.
Auf zum Rumbatap
Während seiner Ausbildung lernte er auch die kubanische Musik kennen, in deren Entwicklung viele Kulturen vereint sind. Der kubanische Tanz hingegen ist ein Crossover von afrikanischen und europäischen Einflüssen. Im Rumba finden sich Elemente der iberischen und schwarzen Kultur.
„Es ist eine große Aufgabe, in die Tiefe des afrokubanischen Kulturerbes einzutauchen“, sagt Max. „Es ist eine emotional geladene Musik. Die Rhythmen und Gesänge besitzen quasi magische Kräfte. Es ist Musik, mit der man sich gegenseitig heilen kann.“
Die Faszination, die diese Musik auf ihn ausgeübt hat, hat Max nach Kuba geführt. Dort traf er auf Los muñequos de Matanzas, die ihn baten, ihnen Unterricht in Jazz Tap zu geben. „Los muñequos de Matanzas sind für die kubanische Kultur ungefähr das sind, was die Wiener Philharmoniker für Österreich sind und ich begann , die afrokubanischen Rhythmen in die Füße zu übersetzten“, erzählt Max, der von der legendären Formation zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Und Rumbatap war geboren.
In seinem Unterricht vermittelt er nun die Grundlagen der afro-amerikanischen und afro-kubanischen Musik. Seine Student*Innen sollen sich der musikalischen Verantwortung als Tänzer*Innen bewusst werden. Außerdem will er die soziale und kulturelle Geschichte des Stepptanzes vermitteln.
Von 26. bis 31. Juli ist Max Pollak als Dozent bei Tanz Bozen. Ist er ein herausfordernder Lehrer? „Ja, aber Tanz und Musik ist eine Sache der Gemeinschaft, eine gemeinsame Erfahrung. Ich möchte mich so präsentieren, dass es auch anderen hilft sich selbst zu verwirklichen. Man muss kein großer Künstler sein, um Spaß zu haben. Folklore ist der Schlüssel dazu.“
Und wie hält es der gebürtige Mariazeller eigentlich mit der alpinen Folklore? Die, so gibt er zu, hat ihn lange nicht interessiert, bis er durch das Outreach Festival in Schwaz in Tirol er Kontakt zu Musiker*Innen wie Thomas Gantsch, Julia Lacherstorfer von ALMA oder Federspiel bekommen, „die diese Kultur verstehen und mit neuen Einflüssen bereichern“. Im Jodeln erkennt Max beispielsweise die gleiche Energie wie in den afrikanischen Yoruba-Gesängen und so verbindet er seinen Jodel mit afro-kubanischen Rhythmen.
Zur Zeit macht das Austrian Cultural Forum in New York eine Dokumentation über den Stepptänzer, der sich als „kultureller Diplomat, der Netzwerke zwischen verschiedenen Personen, Kulturen und Welten herstellt“, versteht. Den Anlass für den Film gab freilich die Briefmarke.