Edeltraud Brexner, die letzte Trägerin des Titels „Primaballerina“ an der Wiener Staatsoper, ist am 29. April 2021 in ihrem 94. Lebensjahr in Perchtoldsdorf gestorben. Viereinhalb Jahrzehnte war sie aktiv mit der Wiener Staatsoper verbunden, weitere vier Jahrzehnte zählte sie zu den Ehrenmitgliedern des Hauses. 1960 – zum 150. Geburtstag der großen Tänzerin Fanny Elßler – wurde ihr durch die Verleihung des von Riki Raab gestifteten „Fanny-Elßler-Ringes“ eine besondere ballettspezifische Auszeichnung zuteil.
Geboren am 12. Juni 1927 in Wien, trat Edeltrud Brexner 1934 in die Ballettschule der Wiener Staatsoper ein. 1944 erfolgte ihr Engagement an das Wiener Staatsopernballett, 1953 wurde sie zur Solotänzerin ernannt. Von 1957 bis 1972 war sie Primaballerina der Wiener Staatsoper. Seit 1962 Pädagogin an der Ballettschule der Wiener Staatsoper, wirkte sie von 1973 bis 1979 als stellvertretende Leiterin dieses Instituts.
Edeltraud Brexner war eine außergewöhnliche technische Brillanz zu eigen, die sie für das klassische Repertoire prädestinierte. Die Titelrolle in „Giselle“ und Prinzessin Aurora in „Dornröschen“ an der Wiener Staatsoper sowie Odette/Odile in „Schwanensee“ bei den Bregenzer Festspielen, um nur einige Beispiele zu nennen, stattete sie mit herausragender Virtuosität aus. Gleichwohl hatte sie, so ein Kritiker, „ihre stärksten und schönsten Momente dort, wo es um Ausdruck, wo es um das Unnennbare geht“.
Der Bogen von Edeltraud Brexners Karriere, die als Elevin noch mit Josef Hassreiter auf der Bühne stand und Kinderrollen in Balletten von Margarete Wallmann verkörperte, spannte sich über die Direktionszeiten der Ballettvorstände Erika Hanka, Dimitrije Parlić, Aurel von Milloss und Wazlaw Orlikowsky. Dementsprechend groß ist die Zahl der Ballette, in denen sie Hauptrollen verkörperte. Hervorgehoben seien nur Erika Hankas „Abraxas“, „Der Zauberladen“, „Der Mohr von Venedig“, „Joan von Zarissa“ und „Hotel Sacher“, Dimitrije Parlićs „Symphonie in C“, „Le Combat“, „Romeo und Julia“, „Jahreszeiten“ und „Turandot“, Aurel von Milloss' „Térszili Katicza“, „Die Geschöpfe des Prometheus“ und „Wiener Idylle“ sowie Wazlaw Orlikowskys „Dornröschen“. Dazu kamen Partien in Michail Fokins „Les Sylphides“ und „Petruschka“, Yvonne Georgis „Evolutionen“ und „Agon“, Erich Walters „Die weiße Rose“ – ein Ballett, in dem sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Richard Nowotny brillierte – sowie George Balanchines „Die vier Temperamente“ und „Serenade“.
Noch während ihrer aktiven Tänzerinnenlaufbahn begann Edeltraud Brexner an der Ballettschule der Wiener Staatsoper zu unterrichten. Viele der späteren Stars des Wiener Staatsopernballetts waren ihre Schülerinnen, zu den zuletzt von ihr Ausgebildeten zählten die ehemaligen Ersten Solotänzerinnen Brigitte Stadler, Jolantha Seyfried, Eva Petters und Solotänzerin Roswitha Over. Einigen war sie auch noch nach ihrem Eintritt in den Ruhestand eine unentbehrliche „Meisterin“.
Edeltraud Brexner erhielt 1977 den Professorentitel. Zu ihren staatlichen Auszeichnungen zählen das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.