Sie ist eine jener PionierInnen, die mit unermüdlichem Einsatz und unerschütterlicher Überzeugung für die Inklusion behinderter Menschen in die Gesellschaft kämpft: Katalin Zanin gründete vor 40 Jahren den Tanztheaterverein „Ich bin O.K.“, der heute mit einer Schule, einer Dance Company und einem Ausbildungsprogramm weit sichtbare Zeichen setzt. Nächste Woche wird mit einer Gala auch ihr 70. Geburtstag gefeiert.
Wenn es um das Thema Inklusion geht, trifft man mit schöner Regelmäßigkeit auf eine Delegation von „Ich bin O.K.“. In den letzten Jahren bin ich ihr etwa in London bei der Konferenz „Dancing Wellness“, in Dortmund beim Symposium „Tanz – Diversität – Inklusion“ der Gesellschaft für Tanzforschung, oder bei der Fachtagung "Intensiv inklusiv - Vielfalt (er)leben" am Orff-Institut in Salzburg begegnet und konnte sie in Workshops, in Aufführungen oder bei Vorträgen erleben: Auch in der zweiten Generation überzeugt der von Katalin Zanin vor 40 Jahren gegründete Verein durch die Wärme und Empathie ihrer Mitglieder mit oder ohne Behinderung.
Das war auch das Startkapital der jungen Psychologiestudentin Katalin Zanin, die etwas gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung von behinderten Menschen tun wollte. Davon war sie doppelt betroffen: als (schwangere) Einwanderin, die 1979 aus Ungarn nach Österreich kam, und die mit nur einer Niere zu 40 Prozent „unsichtbar behindert“ ist. Die „universelle Sprache des Tanzes“ erschien ihr ein probater Weg „Menschen mit und ohne Behinderung einen gleichberechtigten Stellenwert im kulturellen Leben zu ermöglichen, soziale Barrieren abzubauen und Sensibilität für eine inklusive Gesellschaft zu fördern“.
Der Erfolg ihrer Initiative, der freilich auch mit vielen Rückschlägen verbunden war, sollte sie in allen Punkten bestätigen. „Ich bin O.K.“ macht behinderte Menschen sichtbar, fördert ihre Persönlichkeit und hält mit selbstbewussten öffentlichen Auftritten der Gesellschaft einen Spiegel vor Augen.
Von Washington zum Wiener Opernball
Wenn der Verein heute international präsent ist, so wurden die Samen dafür bereits zu Beginn gelegt: 1985 wurde „Ich bin O.K.“ zum „Very Special Arts Festival“ ins Weiße Haus nach Washington eingeladen.
Es folgten Jahre in enger Kooperation mit „Aktion Mensch“, zum Beispiel Tanzworkshops in Neu-Delhi in Indien (mit Maria Dinold, die seit Beginn bei Ich bin O.K. mitarbeitet), eine Einladung ins österreichische Parlament durch den damaligen Nationalratspräsidenten (und späteren Bundespräsidenten) Heinz Fischer, die Kooperation „Off Ballet Special“ mit dem Staatsopernballett, im Rahmen dessen die Gruppe unter anderem den 45. Wiener Opernball eröffnete.
Diese Zusammenarbeit erlebte 2017 eine „Revival“ – gemeinsam mit dem Wiener Staatsballett war „Ich bin O.K.“ für die Eröffnung der Special Olympics World Winter Games in Schladming engagiert worden. Letztes Jahr war unter den Debütantenpaaren der Opernball-Eröffnung erstmals ein Paar mit Down Syndrom. Auch 2019 ist ein Tanzpaar aus dem Verein im Jungdamen- und Jungherrenkomittee vertreten.
Die zweite Generation
Vor zehn Jahren hat die Gründerin die Leitung ihres Lebenswerkes an die TänzerInnen Hana Zanin Pauknerová und Attila Zanin, ihren Sohn, übergeben, die die Erfolgsgeschichte mit innovativen Initiativen weiterführen. Heute geht es nicht mehr nur um das Sichtbarmachen einer ausgegrenzten Gruppe, immer mehr wird auch auf die künstlerische Qualität geachtet. Für die TeilnehmerInnen bedeutet das zusätzliche Herausforderungen. So haben die beiden die „Ich bin O.K.“ Dance Company ins Leben gerufen, in der fortgeschrittene TänzerInnen der Schule mitwirken. Dabei entstanden beispielsweise Produktionen wie „Getrennt – Vereint“ oder „Kein Stück Liebe“. Neben den eingangs erwähnten Veranstaltungen führten Gastspiele die Gruppe bisher nach Spanien, Tschechien, Deutschland, Russland, Albanien.
Die Produktionen der Dance Company wechseln sich biennal mit einer großen Tanztheaterproduktion mit dem Tanzstudio ab. Dann stehen über 120 Mitwirkende auf der Bühne und bringen jedes Theater zum Rocken. Denn neben Klassikern wie Gesellschaftstanz, Kreativtanz und Modern steht auch HipHop seit vielen Jahren auf dem Kursprogramm.
Zusätzlich wurde 2017 ein langgehegter und wohl bedachter Traum von Hana und Attila endlich Wirklichkeit. Mit Unterstützung des Sozialministeriums, der Arbeitsmarktservice sowie der pädagogischen Begleitung von Maria Dinold und Helga Neira konnte eine Ausbildungsschiene für junge Menschen mit Behinderung als TänzerIn und TanzassistentIn unter dem Namen „Dance Assist“ realisiert werden – ein weiterer Schritt in Richtung Professionalisierung der jungen Menschen im Tanzbereich.
Die vielen sichtbaren und messbaren Erfolge von „Ich bin O.K.“, es gäbe sie nicht, wenn hier nicht Menschen am Werk wären, die den respektvollen und liebevollen Umgang miteinander pflegen und in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Die Herzlichkeit der TänzerInnen, der Teamgeist und die absolute Gleichstellung aller Beteiligten, sei es in den Aufführungen, in den Kursen oder in den internationalen Workshops, waren, sind und bleiben die wichtigsten Assets von „Ich bin O.K.“ In diesem Sinne gratulieren wir zum Jubiläum und freuen uns auf den weiteren Weg dieser Gruppe!
40 Jahre „Ich bin O.K.“ – 70 Jahre Dr. Katalin Zanin, Jubliäumsgala am 30. Jänner 2019 im Theater Akzent