Auszeichnung für den Jonah Cook, Solist beim Bayerischen Staatsballett. Die Stil- und Repertoirevielfalt des Bayerischen Staatsballetts hat Jonah Cook nach München gelockt. Das war 2012 und der 20-Jährige auf der Suche nach lokaler Veränderung. Konstanze Vernon amtierte damals noch als Kopf der Heinz-Bosl-Stiftung, ihre Kontakte reichten weit ins Staatsballett II hinein, das künftig „Bayerisches Jugendballett“ heißen wird.
Der Engländer aus dem Ensemble des Royal Ballet tanzte vor und wurde von Ivan Liška sogleich als Volontär unter Vertrag genommen. Dies bedeutete, sowohl in den Produktionen des großen als auch des 16-köpfigen Junior-Balletts mitzuwirken.
Im Jahrestakt folgte die Übernahme in die Hauptkompanie, die Ernennung zum Halbsolisten und schließlich – 2016 zum Ende der Ära Liška – zum Solisten. Jetzt erhielt Jonah Cook, der sich mit kontinuierlich wachsendem Erfolg jede neue Rolle auf sehr individuelle, einfühlsame Weise erarbeitet, den mit 10.000 Euro dotierten Vernon-Preis 2017, der am 16. März zum zweiten Mal verliehen wurde.
Erste Preisträgerin 2014 war seine Kollegin Ivy Amista. Als gewohnt brillant-unterhaltsamen Redner des Abends hatte man Altoberbürgermeister Christian Ude gewonnen. Selbst als weitgehender Fachfremdling vermochte er richtig gut alle wichtigen Eckpfeiler einer Laudatio auszuformulieren. Sein Rezept: einfach grundehrlich Abläufe schildern und gewitzt Kommentare zu den Passagen einbauen, die man ihm zugesteckt hatte, ohne dabei eigene Ansichten auszuklammern. Dennoch hätte man gerne auch einige Worte der Jury vernommen, zumal Gigi Hyatt (eine der ersten Vernon-Absolventinnen) eigens aus Hamburg und Birgit Keil vom Staatsballett Karlsruhe bzw. (in Personalunion) von der Mannheimer Ballett-Akademie angereist waren. Die Staatsballett-Jurymitglieder Igor Zelenksy und Judith Turos waren aufgrund einer Dienstreise bzw. Bühnenprobe zur Ballettfestwochenpremiere nicht anwesend.
Ivan Liška – selbst sehr informationsfreudig und redselig – ließ trotz unvorteilhafter Sichtmöglichkeiten in der Alten Rotation des Pressehauses von Münchner Merkur-Verleger Dirk Ippen (also dort, wo sich früher die Druckmaschinen drehten) lieber Mitglieder der Junior Company auftreten. Zuerst Richard Siegals twistlaunige, in der Winter-Matinee vergangenes Jahr uraufgeführte „Preludes“ zu Musik von George Gerschwin. Und Federico Bruccoleri, Francesco Leone und Christoph Schaller schwoften ballettkräftig gegeneinander an. Ihr Motor war die pfiffige, spitzenbeschuht Schritte des Charleston auf den Tanzboden klopfende Lady: Margarida Neto, ein definitiv mit beachtlichem Körperfeeling und Ausdrucksschärfe ausgestattetes Talent. Zum Ausklang dann präsentierten drei Paare Nacho Duatos modern fließenden choreografischen Debütwurf „Jardí Tancat“. Wohl auch um dem Publikum die Kapazitäten dieser kleinen Crew aufzuzeigen und zum Spenden zu animieren. Nicht ohne Hintergrund: Das Bayerische Staatsballett II/Junior Company soll sich weiterentwickeln – ja emanzipieren!
Ab der Spielzeit 2017/18 ist unter Liškas künstlerischer Leitung und neuem Namen ein eigenständiges Ensemble nach altem Modell (neun vom Staatsballett finanzierte Volontäre, sieben Stipendiaten der Bosl-Stiftung/Exzellenz-Studierende der Ballett-Akademie) geplant. Die administrative Verantwortung des „Bayerischen Jugendballetts“, die bisher beim Bayerischen Staatsballett lag, geht an die Heinz-Bosl-Stiftung und damit gleichfalls an Ivan Liška über. Dass sich die tanzbegeisterte Mäzenin Irène Lejeune als „Botschafterin“ des neu firmierenden Ensembles engagieren wird, war vorhersehbar.
Jonah Cook wird demnächst sogar steppen. In „Alice im Wunderland“ von Christopher Wheeldon, dessen Uraufführung er 2011 noch in London miterlebte, hat ihn Staatsballett-Direktor Igor Zelensky nicht nur als Herzbuben, sondern zudem als verrückten Hutmacher besetzt.