Der Solotänzer Franz Wilhelm ist am 12. Juni 2015 70-jährig in Langental (Burgenland) gestorben. „Franzi hat immer Rollen gestaltet und nicht nur eine Choreographie absolviert. Ob lustig, tragisch oder banal, er hat mit viel Energie und Humor das Beste daraus gemacht. Er war kein vergeistigter Künstler, ist immer mit beiden Beinen am Boden gestanden“, sagt Renate Loucky über ihren beim Ensemble und Publikum beliebten Kollegen. Nach seiner Pensionierung widmete er sich vermehrt der Falknerei.
Der gebürtige Tscheche (14. April 1945 in Bilina) Franz Wilhelm wurde an der Ballettschule der Wiener Staatsoper ausgebildet. 1960 wurde er Mitglied des Wiener Staatsopernballetts, 1967 avancierte er zum Solotänzer, von 1972 bis 1988 war er Erster Solotänzer. In dem breit gefächerten Repertoire einer drei Jahrzehnte umspannenden tänzerischen Laufbahn waren es insbesondere virtuose und darstellerisch fordernde Charakterpartien, die zu einer Domäne von Franz Wilhelm wurden. Seine Rollengestaltungen waren energiegeladen und voll männlicher Kraft.
„Für Aurel von Millos war er der DER Protagonist schlechthin“, sagt Renate Loucky. „ Er hat alles getanzt was angeboten wurde, war ein hervorragender, umsichtiger, kraftvoller Partner, hat auch nie eine Partnerin abgelehnt, hat immer mit viel Einsatz und Emotion getanzt. Und wenn einem Choreographen nichts eingefallen ist konnte er auch überzeugend improvisieren. Dann sagte zum Beispiel Wazlaw Orlikowsky zu ihm“ ‚Machst du einfach Franzi’.“
Zu seinen wichtigsten Partien in abendfüllenden Balletten zählten Basil in Rudolf Nurejews „Don Quixote“, Franz in Aurel von Milloss' „Coppélia“, die Titelrolle in Wazlaw Orlikowskys „Der Pagodenprinz“, Prinz in „Aschenbrödel“ in den Fassungen von Orlikowsky und Tom Schilling, Blauer Vogel in Orlikowskys „Dornröschen“, Drosselmeier in Juri Grigorowitschs „Der Nussknacker“, Mercutio und Tybalt in John Crankos „Romeo und Julia“ sowie Orion in László Seregis „Sylvia“. Besondere Erfolge erzielte er auch mit seinen Interpretationen in Milloss' „Daidalos“, „Petruschka“, „Der wunderbare Mandarin“ und „Der verlorene Sohn“. Weitere bedeutende Partien hatte er u. a. in Erika Hankas „Medusa“, Dimitrije Parli?s „Le Combat“, Orlikowskys „Le Sacre du printemps“, George Balanchines „Die vier Temperamente“, „Serenade“ und „Apollo“, „La Valse“, „Liebesliederwalzer“, Anthony Tudors „Pillars of Fire“, Harald Landers „Etüden“ sowie in John Neumeiers „Josephs Legende“, „Don Juan“ und „Ein Sommernachtstraum“, u.v.m..
Gastspiele führten ihn nach Salzburg, Athen, Florenz und Zürich, in die USA; nach Deutschland, Spanien und in die Niederlande.
Von 1980 bis 1985 gab er Pas-de-deux-Unterricht an der Ballettschule der Österreichischen Bundestheater. 1986 wurde Franz Wilhelm mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet, 2010 mit dem Berufstitel Professor.
Nach seiner Pensionierung galt seine Leidenschaft der Falknerei. Er siedelte sich zusammen mit seiner zweiten Frau, der Staatsoperntänzerin Sabine Holubar. auf einem Bauernhof in Langental bei Lockenhaus an. Bis zuletzt gab der Vater von vier Kindern sein Wissen um die Greifvögel an Interessierte weiter, besonders an Kinder. Sein Lieblingsvogel war der mächtige Adler Igor, der ihn viele Jahre begleitete.