Letzte Gelegenheit. Das zauberhafte Ballett „La Sylphide“ in der von Pierre Lacotte rekonstruierten Originalfassung von Filippo Taglioni wird am 7. April zum letzten Mal für lange Zeit gezeigt. An diesem Tag allerdings zwei Mal in großartiger Besetzung. Die Ersten Solotänzerinnen Irina Tsymbal und Maria Yakovleva tanzen die irrlichternde Elfe, deren Versuch einen Menschen zu verführen mit dem Tod endet. Roman Lazik und Masayu Kimoto sind die beiden Männer, die auch nicht überleben.
Vor 180 Jahren wurde das romantische Ballett „La Sylphide“ in Paris uraufgeführt. Eine Gelegenheit für die berühmte Tänzerin und Tochter des Choreografen Marie Taglioni den Spitzentanz samt dem dazu notwendigen Schuh einzuführen. Sie ließ sich auch den Rock kürzen, was nicht allgemein auf Zustimmung stieß. Selbst in Paris war es 1832 verpönt die Knöchel einer Dame zu sehen. Aber die Sylphide ist unwirklich, ein nahezu durchsichtiges Wesen, das wie ein Schmetterling die zarten Flügel abwirft und zerfällt. James, den sie umgarnt hat, weil ihr die Menschenkinder gefallen, wollte sie fassen und halten und hat sie damit getötet. Daran zerbricht auch er. Nur Effi, die verlassene Braut (Kiyoka Hashimoto / Prisca Zeisel) wird glücklich samt dem sie schon immer verehrenden Gurn (Kamil Pavelka).
Roman Lazik ist nicht gerade ein feuriger Liebhaber, eher ein etwas naiver Junge, hin und hergerissen zwischen seinem Treueversprechen an Effi, die Braut und dem verführerischen, allen anderen unsichtbaren fremden Wesen. Irina Tsymbal ist dieses Wesen, aus einem Stoff, der nicht in dieser Welt gewebt worden ist. Sie selbst sagte einmal: „Die Sylphide ist weder gut noch böse, sie kennt diese Einteilung nicht. Eigentlich ist sie überhaupt nicht, sie ist der Wunsch eines Menschen nach Höherem und Schönerem, nach einem Paradies. Doch ein Paradies ist nur so lange wunderbar, so lange es in der Ferne liegt.“ James in der Interpretation Laziks kapiert gar nichts, sie hat seine Hormone aufgewühlt, er stolpert hinter ihr her.
Die Intrige wird in dieser Choreografie von einer Hexe gesponnen, der alten Madge. Ausdrucksstark und nimmer müde wird dieses böse, alte Weib seit der ersten Stunde (26. Oktober 2011) zur Freude des Publikums vom Moskauer Corpsmitglied Andrey Kaydanovskiy gestaltet. Auch in Jorma Elos „Sommernachtstraum“ (zur Zeit in der Volksoper getanzt) steckt Kaydanovskiy in einer unkenntlich machenden Maske: Er ist der alte bärtige Vater der Braut, die keine sein will – Egeus, der Hermia zur Hochzeit zwingen will. Vielleicht zeigt er, am 27. April sein Gesicht, wenn seine Choreografie „Zeitverschwendung“ im Rahmen der Premiere des Abends „Kreation und Tradition“ an der Volksoper gezeigt wird.
Wie auch immer, Kaydanovskiy kocht das tödliche Netz in dem sich die Sylphide verfängt auch am Sonntag, 7.4. zwei Mal, um 14.30 und 20 Uhr. Am Abend wird Masayu Kimoto den James tanzen und wir werden berichten. Kiyoka Hashimoto ist seine Braut. Eine Konstellation, die zu einem kleinen Aperçu Anlass gibt: in der Realität hat Effi (Kiyoka) ihren James (Masayu) längst geheiratet. Keine ätherische Sylphide drängt sich dazwischen. Mitunter aber ein anschmiegsames schnurrendes Kätzchen.
Letzte Vorstellungen von „La Sylphide“ in der Staatsoper: 5., und 7., April 2013.