Auf seiner „Aquele Abraço Tour“ nimmt Gilberto Gil Abschied von der Bühne. Als einzige Österreich-Station stand das Festspielhaus St. Pölten auf dem Tournee-Kalender, in dem das Publikum tanzend und jubelnd die musikalische Umarmung des 81-jährigen entgegennahm.
Der Mitbegründer und neben Caetano Veloso wichtigste Vertreter des „Tropicalismo“ verband seit den späten 1960er Jahren traditionelle Samba- und Bossa Nova Rhythmen mit Pop- und Rock-Einflüssen. Die sozialkritischen Texte missfielen der damaligen Militärjunta. In üblicher Diktatoren-Paranoia steckte sie die musikalischen „Rebellen“ ins Gefängnis und stellte sie vor die Wahl, dort zu bleiben oder das Land zu verlassen. Denn diese Musik war durchaus in der Lage, revolutionäre Kräfte entwickeln, nicht durch ideologische Slogans sondern durch mitreißende Klänge und Rhythmen, in die geschickt politische Botschaften verpackt waren. Gilberto Gil gab einen Song aus seiner Zeit im Gefängnis war ebenso zu zum Besten, wie Lieder, die er im Exil in London geschrieben hat, voll von „saudade“ nach Brasilien. Nach zwei Jahren durfte er zurück und seine Karriere nahm so richtig Fahrt auf: „60 Alben, vier Millionen verkauft Tonträger, zwei Grammys, sieben Latin-Grammys und Touren rund um den Globus“ folgten. Auch politisch engagierte sich Gilberto Gil, unter anderem als UNESCO Artist of Peace und, von 2003 bis 2008 als Kulturminister Brasiliens in der ersten Lula da Silva-Regierung (der seit diesem Jahre wieder an der Spitze des Landes steht).
Die musikalischen Einflüsse, die er in seiner langen Laufbahn aufgenommen hat, sind vielfältig. Neben eigenen und Liedern seiner Landsleute waren an diesem Abend auch Bob Marleys „No woman, no cry“ zu hören.
Gilberto Gils Band ist Familiensache. Da stehen seine Söhne Bem an der Gitarre und am Bass und José am Schlagzeug sowie die Enkelkinder João (Gitarre und Bass) und Flor mit ihm auf der Bühne. Letztere sang mit ihrer klaren Stimme Antonio Carlos Jobims „The Girl from Ipanema“ und die Ballade „Moon River” ganz im brasilianischen Gesangstil. Gegen Ende sind auch noch zwei Mitglieder der nächste Gil-Generation für eine kurze Tanz- und Gesangseinlage dazugekommen.
Wer konnte dieser sanften und doch so bewegenden Musik widerstehen? Nach und nach war das Publikum von den Sitzen aufgesprungen, tanzte ausgelassen in den Gängen und feierte ein Abschiedsfest voll Lebensfreude. Einfach beglückend!
Gilberto Gil: „Aquele Abraço Tour“ am 13. Oktober im Festspielhaus St. Pölten