Die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik ist ein aktuell beliebter Topos der Performance- und Tanzszene. Speziell Donna Haraways feministisches Manifest „Cyborg“ ist ein häufiger Referenztext. Auch Simon Mayer griff das Thema auf und gestaltete eine Art belebter Rauminstallation aus Textilien, roboterartigen Objekten und seinem eigenen Körper. Ein ebenso anspruchsvolles wie spannendes Soloprojekt.
Nicht Mayer persönlich, sondern ein kleines, ferngesteuertes und sprechendes Roboterwesen, im Grunde ein selbstgebasteltes fahrbares Ding, begrüßt das Publikum im Vorraum der Halle. Für etwaige technische Ausfälle entschuldigt es sich gleich und spielt auch schon einmal Musik in der Wartezeit. Man hängt also sozusagen in der Warteschleife. Nach ein paar Minuten dann ruft es zum Einlass in den Saal und man nimmt Platz auf der Tribüne im dunklen Raum, wo eine Art Zeltlandschaft zu sehen ist. Unter den Stoffplanen bewegen sich ein Lichtschimmer und noch irgendetwas anderes, ein Objekt oder ein Körper. Man könnte meinen, auf eine Polarexpedition zu blicken.
Mayer schält sich allmählich aus diesem Textilkonstrukt heraus, versehen mit elektronischen Kontakten am Körper. Auch das Roboterdings und ein kleiner fahrbarer Scheinwerfer bewegen sich umher. Zum bisweilen spooky anmutenden Sounddesign von Moritz Nahold müht sich Mayer im Folgenden ab, um die Zeltplanen aus ihren Seilen zu lösen und in die andere Richtung, nach oben, zu vertauen. Das ist ganz schön schwierig und erfordert vermutlich einiges Expertenwissen im Auf- und Abbauen von Zelten sowie ziemlichen Körpereinsatz.
Nach einer Weile ist es gelungen. Ein Schlagzeug kommt zum Vorschein und Mayer befreit noch ein Piano von Stoffbahnen, das dann Musik von sich gibt wie ein Automatenklavier. Das klingt mitunter ziemlich schräg, und gegen Ende setzt er dem ganzen Treiben noch eines darauf und gibt einen Song zum Besten in englischer Sprache, oder schreit ihn eher. Er steht am Klavier und hämmert darauf ein und muss gleichzeitig mittels Fernsteuerung das wild umher fahrende Robotervehikel bezwingen. Mayer singt über Technologiekritik oder Kritik an der Technik, der Unterschied kommt nicht ganz klar heraus.
Aber davon abgesehen ist diese Arbeit eine sehr interessante choreografische Anordnung und Organisation von Körper, Material, Klang, Sprache sowie Licht. Bewegung wird hier vielschichtig eingesetzt und ergibt in Summe ein eigenartiges Zusammenspiel vieler Komponenten im Raum, mit einer ganz speziellen Ästhetik. Mayer beweist einmal mehr, was Tanz heute alles bedeuten kann und welch unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen damit ermöglicht werden.
Simon Mayer: „Bones and Wires. Die Seele der Dinge“ am 15. Dezember im Brut Nordwest.