Als eintönige Endlos-Schleife zieht der Alltag, gehen Menschen am Fenster vorbei; draußen. Einzelne von ihnen – diese sind besonders deutlich sichtbar für das Publikum - treten wenig später ein: in die „Bar I0I“, werden Schritt für Schritt herausgeschält aus der Oberfläche ihrer Alltagsrolle, werden erkennbar in der einen oder anderen Schicht ihrer Individualität und den damit verbundenen Problemen und/oder Träumen:Vorweg drei scheinbar souveräne Mafiosi im Nadelstreif, die alsogleich dynamisch aggressiv um den ihnen (doch) zustehenden Platz kämpfen respektive tanzen.
Die Melancholische, die als Barsängerin pflichterfüllend Emotionalität zu Live-Klavierbegleitung zeigt, und dann, beim Tanz, tatsächlich feinfühlig eine tänzerische Umsetzung ihrer Liebessehnsucht glaubhaft zu präsentieren versteht. Durchaus überzeugend auch ihr sich wandelndes Agieren im choreografisch variiert entwickelten Tanz-Duo mit der um sie werbenden, später eingetretenen und ebenfalls einsamen Dame mit dem Koffer.
Mit köstlichem Können bemüht sich ein liebestoller Transvestit (Oskar Eon) nicht nur grundsätzlich um Aufmerksamkeit, sondern auch um die des einsamen Säufers (Samuel Kirschner). Dieser zeigt schon als stiller Beobachter Ausdrucksstärke; und erst recht in der ebenso glaubhaft betrunkenen wie bewegungstechnisch-tänzerisch sehr gelungenen Polstersesselszene. Der später folgende „Pas de deux“ der beiden Männer zählt zu den herausragenden Szenen. So wie im Grunde all jene mit der gebeugten alten Wirtsfrau, die als gute Seele so manch Gestrandetem ihr Ohr schenkt oder aber auch, wie beim glück- und erfolglosen Blumenmädchens, versucht, anleitend Hand anzulegen – was im gegebenen Fall bedeutet, dass sie ihre krummen Beine plötzlich sehr beschwingt und trittsicher-einfallsreich über die Bühne bewegt. Noch überraschender, dass sie, die bucklige Alte, die Möchte-Gerne-Mafiosi durch einen Sprung auf deren Tisch aus der Wirtsstube vertreibt.
Es ist ein unterhaltsames, abwechslungsreiches Tableau emotionaler Szenen, wie es sie in Variationen überall gab und gibt. So manches Mal gut verknüpft und zügig angelegt und humorvoll mit eingestreutem Ernst serviert. Xanghui Zeng versteht in dieser, seiner Choreografie das jeweilige Können der AkteurInnen seiner Compagnie subsTanz gut zu nützen und somit sein Konzept dieses zeitgenössischen Tanzstückes anregend und zur Freude des an allen Tagen zahlreichen Publikums zu gestalten.
subsTanz mit BAR I0I am 16.Oktober im Kristallwerk.