Mit dem Avancement des 21-jährigen Solotänzers Jakob Feyferlik zum Ersten Solisten des Wiener Staatsballetts endete die erste Vorstellung der „Schwanensee“-Serie in dieser Saison. Die Ehrung auf offener Bühne durch Staatsoperndirektor Dominique Meyer war der Höhepunkt eines ansonsten durchwachsenen Abends, bei dem Musik und Tanz nicht immer d'accord waren.
Besonders im ersten Akt hatten das Orchester (unter der Leitung von Paul Connelly) und das Ballettensemble offenbar unterschiedliche Tempi-Vorstellungen, was die Reihen bei der Aufwartung, die Freunde und Bekannte dem Prinzen an seinem Geburtstag machen, einigermaßen in Unordnung brachte. Das klappte im zweiten Akt schon besser, als das Corps der Schwäne sauber seine Linien durch den Raum zog.
Olga Esina als Odette/Odile war wie immer makellos, und trotz idealem Ballettkörper und technischer Präzision blieb ihre Odette blass. Das extreme Ritardando, das sie für ihre Solo vom Orchester einfordert, konnte sie diesmal nicht ausnützen, die Bewegungen kamen eher mechanisch über die Rampe. Besser gelang ihr das Biest Odile, wo die Ballerina ihre ganze Verve hineinlegen kann.
Jakob Feyferlik (Prinz Siegfried) leistete als Partner sehr gute Arbeit, überzeugte aber bei seinen Soli nur bedingt. Unsicher bei seinen Drehungen und Sprüngen reichte er an sein gewohntes Niveau nicht heran und versprühte seinen Charme nur sparsam dosiert. Schade, dass der elegante Tänzer gerade bei der Verkündung seines Aufstiegs in den höchsten Rang der Compagnie nicht in Bestform war. (Freilich, ein Avancement erreicht man nicht durch eine Vorstellung, sondern durch beständige Höchstleistungen, und die erbringt der sympathische, junge Tänzer seitdem er von der Schule direkt in die Compagnie engagiert wurde.) Damit gibt es nach der Ernennung von Natascha Mair also nun nach längerer Zeit wieder zwei Erste Solisten aus der Wiener Schule im Ensemble.
Es ist eine Übergangszeit – und das bezieht sich beim Wiener Staatsballett nicht auf die Jahreszeit. In knapp eineinhalb Jahren geht die Ära unter Ballettchef Legris zu Ende. Vielleicht stellen sich nach diesen fordernden und überaus erfolgreichen Jahren nun doch erste Ermüdungserscheinungen im Ensemble ein. Diese schlugen sich an diesem Abend auch in den Charaktertänzen nieder. Den temperarmentvollsten Auftritt hatten Richard Szabó und Anita Manolova im neapolitanischen Tanz, selbst der sonst immer hoch motivierte Mihail Sosnovschi war im Czardás (mit Partnerin Alice Firence) weniger beherzt bei der Sache. Eno Peci legte auch diesmal sein ganzes darstellerisches Gewicht in die Rolle des Rotbart, aber leider ist er ein Opfer des Kostüms: mit den Flatterärmeln lässt sich das Diabolische eben kaum glaubhaft verkörpern. (Auch andernorts, etwa bei den mittelalterlich anmutenden Anzügen der Festgäste im dritten Akt, ist Luisa Spinatellis Ausstattung befremdlich.)
Doch nichts kann die Schönheit des 4. Aktes trüben, wenn die Schwäne noch einmal als ein Körper auftreten um den Verrat Siegfrieds zu betrauern. Hier entfaltet Nurejews Choreografie ihre ganze poetische Kraft und eindrucksvolle Bildsprache, und es sind diese Momente, die von diesem Abend im Gedächtnis bleiben.
Wiener Staatsballett „Schwanensee“ am 11. Februar 2019 an der Wiener Staatsoper. Weitere Vorstellungen (mit wechselnden Besetzungen) am 13., 20., 23., 25. Februar, 2., 6. und 8. März