Dass künstlerische Idee und performative Umsetzungen spartenübergreifend so wie in Zusammenarbeit zweier Universitäten die Basis für eine Präsentation bilden, ist keine Selbstverständlichkeit. Umso beachtenswerter, dass dieses von Rose Breuss (Anton Bruckner Privatuniversität Linz, Tanz/Choreographie) und Clemens Gadenstätter (Kunstuniversität Graz, Komposition) initiierte Konzept seit 2013 erfolgreich realisiert wird.
An der Stelle einer traditionellen, also verbalen Einführung wurde in zeitgeistiger Manier praktische Kunstvermittlung mit dem und am zeitgerecht eingetroffenen Publikum erprobt. Unter dem Titel „Der Körper als Instrument“ wurde unter gekonnter, zielstrebiger Anleitung in Variationen geklatscht, strukturiert verbalisiert, gestampft, gegangen, gelaufen und gedreht, also ‚getanzt.‘ Eine mutige Idee, die mit besserer inhaltlicher Aufbereitung mehr und vor allem Anspruchsvolleres an Erfahrungswerten hätte vermitteln können.
Das eigentliche, siebenteilige Programm von "Invisible Drives #7" erwies sich als überaus vielfältig und – bei allen qualitativen Unterschieden – als ausnahmslos sehens- und hörenswert: als informativ insbesondere in Bezug darauf, was jungen Künstlern in Ausbildung wesentlich erscheint, als Experiment vermittelt zu werden; und was an kreativem Potential Kooperationsmöglichkeiten beinhaltet. Thematisch erstreckte sich die schließlich gezeigte Palette zwischen den Fragen: Was ist natürlich/naturgemäß? und: Was ist das Wesentliche? über inspirierend Tanzhistorisches, Liebe, Handlungsfreiheit, Bedrohung durch künstliche Intelligenz und/oder durch Unwissenheit.
Keines dieser, auf dem Programmzettel angerissenen Themen erschloss sich unmittelbar, aber sie boten Assoziationshilfen. So wie das Zusammenspiel von Bewegung und Musik immer wieder einmal Einblicke in neue, andere Rezeptions-Möglichkeiten eröffnete. Nicht zuletzt, weil man engagiertes künstlerisches Wollen und Tun zu spüren glaubte: in einigen der choreographischen und kompositorischen Ideen sowie in deren unmittelbarer Umsetzung.
Im Tänzerischen wie auch im choreographischen Bereich macht es Pablo Delgado in „+0?“ dem Zuschauer am einfachsten: Sein expressiver Bewegungsfluss bewegt in mehrfacher Art. Das Video Design Shang-Jen Yuans in „La pyramide de macarons“ erreicht hingegen vor allem die Augen – dieses allerdings durchaus faszinierend und amüsierend.
Die Tänzerinnen Berenice Arias und Marcela López überzeugen mit der Choreographie López‘, auch wenn es ihnen (noch) an der hier notwendigen Synchronität fehlt - Aria Torkanbouris Komposition trägt sie. Originell die Verbindung von Akustik und Bewegung in „Quarter of a Lover“, ansonsten aber verstrickt man sich ein wenig in den ausgelegten Fäden der Liebe. Bezaubernd das Video Alisa Kobzars in homogener Verbindung zu Dajeong Yus Choreographie und ihrem exakt geführten, dynamisch-einfühlsamem Tanz in „Possession“ zur Komposition von Sinan Samanli.
Nicht so sehr thematisch, aber tänzerisch und hier vor allem mit den eingestreuten poetischen Passagen überzeugen die Tänzerinnen Vesan Tepic und Ashleigh Cooper in ihrer Choreographie „Android and Roid“. Vor allem im ersten Teil grafisch schlicht-originell angelegt erringen Berenice Arias Leal (zuständig auch für die Choreographie) und Da Jeong Yu ungebrochene Aufmerksamkeit in „Virtual Furrow“: durch die zwischen ihnen hier konstant bestehende Verbindung der Abhängigkeit und gewollten Zuwendung. Ein unsichtbares Band ( denn kaum je sind sie in körperlichem Kontakt), das sie stützend hält und bedrohlich zieht – in Parallele zur Komposition von Wyatt Wakefield.
Invisible Drives #7, MUMUTH, Graz am 25. Jänner 2019