Stephan Herwigs Arme rotieren. Vor seinem Körper und dahinter. Langsam gewinnen sie an Höhe und Umfang, bis schließlich alles oberhalb der Taille zum Pendeln gebracht wird. Allein steht der Tänzer auf der nüchternen Bühne – überragt von zwei übermächtigen Schatten seiner selbst. Drei Mal setzt Herwig in seinem Solo „Three Echoes In Space“ neu an. Wie festgenagelt vom Licht lässt er, den Blick zur Decke, seine Handflächen eine imaginäre Barriere entlangwischen.
Dann reizt ihn das Beschreiten einer Bahn mittels sich in Wellenmustern den Weg freispielender Bewegungslust. Zuletzt zuckt sein Leib – ausgestreckt, dann embryonal gekrümmt am Boden. Es geht wohl um Beweggründe für Haltung.
Das anfängliche Gackern des Mikrofons hat sich in metallisches Prasseln verwandelt. Wirbel für Wirbel rappelt Herwig sich wieder auf. Hockt sich zum Schluss vors Publikum und betrachtet die eben noch mit seinem tanzenden Ich gefüllte Leere. Er hinterlässt die hübsche Impression eines in tausend kleine Bewegungen zerlegten Selbstporträts. Welchen Eindruck hätte daneben Zufit Simons Beitrag abgegeben? Im Bunde der drei freien Münchner Tanzwerkler Simon, Herwig und Purucker hätte ihr froschsprungmunterer Solobeitrag zu „a dance triplex“ im Schwere Reiter garantiert für kreative Frauenpower gesorgt. Die Frauenquote gab’s dann aber krankheitsbedingt leider nur als winzigen Ausschnitt per Videogruß im Foyer.
Nach Herwigs konzentrierter Verdichtung des eigenen Œuvres schickte Altmeister Micha Purucker als wunderbar körperkontrollierten Performer Michal Heriban zu einer esoterisch-softigen Soundcollage von Robert Merdzo in den Ring. Hinreißend mimt Heriban den leicht geknickten Menschen, der sich einer Reihe pointiert formulierter Fragen aus dem Off stellen muss. Und das, indem er mit stets ein- und derselben körperlichen Farbe seine Antworten in den Raum schreibt. Faszinierend butterweich. Diesmal kraulen die Arme des Tänzers bevorzugt rücklings durch die Luft – gezogen von den Ellbogen, der ganze Körper folgt im Schlepptau.
Es ist diese interessante Bewegungsqualität, die einen zum Dranbleiben zwingt. Nur sehr langsam und gegen Ende vor Videostills des Interpreten löst sich Heriban aus seiner fast schon monotonen Slow-Motion-Dynamik. Bewegung, Bild und Ton münden nach knapp 30 Minuten in repetitive rastlose Hast. Die Wichtigkeit mitzubekommen, wer dieser Mr. Bowie in Puruckers Choreografie eigentlich war, spült eine Klangwoge am Ende hinweg.
Uraufführung am 29. November 2017 im Schwere Reiter