Das Schicksal der Manon Lescaut, wie Giacomo Puccini es in seiner Oper verarbeitet hat, ist Untersuchungsgegenstand im L.E.O., dem Letzten Erfreulichen Operntheater. Die Geschichte vom Chevalier des Grieux und Manon ist in dieser Version auf die Liebesbeziehung konzentriert. Wie gewohnt geht das Team um Stefan Fleischhacker dabei mit einer unbekümmerten Kreativität und Spiellust ans Werk.
Der Liebesblitz trifft den mittellosen Theologiestudent des Grieux in Amiens. Dort hält die Postkutsche, in der sich Manon Lescaut in Begleitung ihres Bruders auf dem Weg ins Kloster befindet. Nun ist Amiens auch die Geburtsstadt von Emanuel Macron – ein unwiderstehlicher Aufhänger für die clever-witzige Conférence von Paul Müller im L.E.O. (der auch gesanglich in der Rolle des Lescaut überzeugt). Wie sich doch auch Amerika als einstige Strafkolonie mit dem heutigen Sittenbild der USA nur zu gut vergleichen lässt. Dorthin wird Manon nämlich strafversetzt, nachdem sie von ihrem betuchten Liebhaber M. Géronte der Prostitution bezichtigt worden war. Des Grieux in seiner amour fou begleitet seine Geliebte. In den Kolonien stirbt sie in seinen Armen. Puccini stellt Manon ins Zentrum des Geschehen, dementsprechend sind ihre Arien von einprägsamer Dramatik. (Im Gegensatz dazu thematisieren der Roman von Abbé Prévost ebenso wie das Ballett von Kenneth McMillan vor allen Dingen den Weg des Grieuxs, der in seinem Liebeswahn alle seine Vorstellungen von Anstand und Ehre über Bord wirft.)
Manon ist im L:E.O. mit der lyrischen, sehr ausdrucksstarken Sopranisten Maria Lapetva besetzt. Des Grieux wird – natürlich – vom Hausherrn Stefan Fleischhacker gesungen, der auch diesmal seine Cabaret-Stimme im Stil von Joel Grey in den Dienst des Belcanto stellt. Ach ja, da wäre auch M. Géronte, aber getreu seiner Bedeutung in der Oper als Randfigur, wird er im L.E.O. von einer gesichtslosen Kleiderpuppe verkörpert. Kaori Asahara schafft es wieder elegant, das Orchester durch ein Klavier zu ersetzen. Und das Publikum im L.E.O. ist immer gefordert – diesmal zum Beispiel als Chor der Studenten.
Übrigens: kein Sommerloch im Wiener Kleinjuwel L.E.O. Unter anderem zaubern Stefan Fleischhacker und sein Team in einem Revueprogramm mit Steppnummern und Grotesktänzen „Glanz und Glamour der 30er Jahre“ auf die heutige Bühne.
„Manon“, gesehen am 30. Juni.
„Türken tanzen trotzdem Tango“: 25., 27., 29. und 31. Juli sowie 21. und 23. August im L.E.O.