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Waehrend ich warteteMitten in den syrischen Bürgerkrieg katapultiert „Während ich wartete“ von Omar Abussaada und Mohammad Al Attar: Taym, ein junger Endzwanziger, liegt im Koma, während die Stadt Damaskus sich einem ähnlichen Schicksal nähert. An seinem Krankenbett sitzt Tayms Familie, die mit ihren Traumata und Familiengeheimnissen hadert. Ein Kontrastprogramm und eine Art Kulturvermittlungs-Workshop liefert „Les Robots ne connaissent pas les Blues oder die Entführung aus dem Serail“, das mit einem unorthodoxen Klassik-Elektro-Mix aufwartet.

Leben inmitten des Krieges. Taym filmt, wenn sein Verstand von dem, was er in Damaskus erlebt, überfordert ist. Seit dem Aufkeimen des arabischen Frühlings ist das seine Art, gewaltfrei Widerstand zu üben. Mit seiner Handykamera zeichnet er Momente auf den Straßen von Damaskus auf - und spürt verdrängten Familiengeheimnissen nach. Das alles verarbeitet er gerade zu einem Film, in dem die Stadt und seine Familie Hauptrollen spielen, als er an einem Checkpoint aufgehalten und krankenhausreif geschlagen wird. Hatte er Drogenprobleme oder steckt der Geheimdienst dahinter?

Auf der Bühne, in einem Krankenhausbett, liegt der Komapatient. In der Bühnenrealität wird er das Bett verlassen, um zwischen den „Lebenden“ -  von diesen unbemerkt - umherzuwandern. Er wird, aus einer Parallelwelt aus dem ersten Stock, Teile seiner Geschichte erzählen, die seine Angehörigen auf der Bühne mühsam anhand von Indizien zu entziffern versuchen. Ebenfalls im oberen Stock - der für eine Ebene außerhalb der physischen Welt steht - assistiert ihm dabei ein Freund und DJ. Dieser hatte sich, im Gegensatz zu Taym, für einen Weg des gewaltbereiten Widerstandes entschieden. Eine Entscheidung, die ihn von der Freien Syrischen Armee bis zum IS führte, wo er selbst Opfer von Foltermethoden wurde - die jenen des syrischen Machthabers Baschar al´Assad um nichts nachstünden.

Die beiden Syrer Omar Abusaada (Regie) und Mohammad Al Attar (Text) erzählen schlicht und ganz ohne Betroffenheitspathos von einer Familie in Damaskus, im Zeitraum von Anfang 2015 bis Anfang 2016. Ein tolles Ensemble arbeitet sich an großen und kleinen Fragen ab, an Familiengeheimnissen, kindlich-jugendlicher Identitätsfindung und daran, wie man der Realität im kriegsgeplagten Land begegnen soll. Die Schauspieler sitzen auf Sesseln außerhalb des Bühnenbereichs, von wo aus sie auftreten. In der oberen Etage wandeln die Geister des Komapatienten und seines Freundes, der ein DJ-Pult bedient und die Szenerie mit arabischen Pop-Elektronik-Sounds bespielt, in die sich Revolutions- und Kriegsatmo mischt.

Oper-Elektro-Fusion. „Les Robots ne connaissent pas les Blues oder die Entführung aus dem Serail“ ist ein eigenwilliges Musiktheater-Projekt, in dem zwei musikalische Universen zu einer Art Vermittlungs-Workshop aufeinandertreffen. ALesRobotsKnutKlaenuf der hinteren Bühnenseite ist das Orchester der Camerata Salzburg angesiedelt, das Teile von Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ unter der musikalischen Leitung von Jonathan Stockhammer intoniert. Auf der Vorderseite hat man ein langes DJ-Pult installiert, das Mozarts Opernarien, statt kurzerhand weggekürzter Dialogteile, mit coolen Elektrobeat-Nummern bestückt.

Offenherziger Umgang mit der Kunst. Zwei Opernsängerinnen - Nicole Chevalier und Nerita Pokvytyte - und die Opernsänger Patrick Zielke und Hyojong Kim vertreten würdig ihr Metier gegen Angriffe von der Elektro-Front. Sie geben Einblick in ihre Arbeitsweise und ihren Kampf mit und um die starre Form des Operngesangs und zeigen sich erfrischend aufgeschlossen für allerhand Experimente. Das Publikum wandert auf der Bühne umher und betrachtet das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven.
 
Die Elektro-Front ist unter der Leitung von Ted Gaier, Mitglied der Goldenen Zitronen, mit Sounds bestückt, die von den ivorischen Tänzern und Musikern Gotta Depri, Eric Parfait Francis Tareque alias SKelly und Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star lässig interpretiert werden. Aber der Versuch, mit un- beziehungsweise anders-geschulter Stimme unverstärkt neben einem Opernorchester zu improvisieren, scheitert. Allerdings entpuppt sich das Operngesangs-Ensemble erstaunlich versiert im Elektro-Fach.

Im heurigen Festwochen-Programm ist das semi-dokumentarische Stück „Während ich wartete“ ein großer Wurf. Unaufgeregt lässt es das Leben einer syrischen Familie mit nahtlos interagierendem Ensemble greifbar werden. Es gibt Einblick in Dramen des alltäglichen Lebens in Damaskus, inmitten des Krieges, wo Medienberichte hierzulande zumeist nur Kriegsmeldungen vermitteln. Und auch das kurzweilige Opern-Kulturvermittlungsprogramm „Les Robots…“ gewinnt die Herzen des für Experimente aufgeschlossenen Publikums durch sein Ensemble. Dieses erteilt dem „Anderen“ nicht per se eine Abfuhr, sondern lässt sich auf gegenseitige Befruchtung ein, auch wenn nicht alles was probiert wird, aufgehen mag.

„Während ich wartete“ von Omar Abusaada, Mohammad Al Attar, Halle G im Museumsquartier vom 26.5.2017
„Les Robots ne connaissent pas les Blues oder die Entführung aus dem Serail“, Ted Gaier, Gintersdorfer/Klaßen, Benedikt von Peter, Jonathan Stockhammer, Halle E im Museumsquartier vom 27.5.2017, Weitere Vorstellung: 28. Mai, Infos: Wiener Festwochen www.festwochen.at

 

 

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