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wachterKatja Wachter und James Newton begeistern im Hoch X mit ihrer Tanz-Musik-Sprach-Performance „NichtIch“.  Zwei Bühnentiere im Probenlabor. Sich selbst und ihrem Streben, Kunst erschaffen zu wollen, ausgesetzt in einem von nüchtern-schwarzen Wänden eingefassten Bassin. Als das Publikum auf der ungewohnt erhöhten Tribüne im vollbesetzten Münchner „HochX“ zur Ruhe kommt, beginnen sich beide zu regen.

Zuerst still versunken ins eigene Ich. Hier die Tänzerin/Choreografin Katja Wachter (als Dozentin eng verbunden mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding), dort der Schauspieler/Musiker James Newton (ein gebürtiger Münchner). Daneben ein chaotisches Arrangement aus Mikrofonen, Soundinstrumenten und zwei umgeworfenen Stühlen.

Man nähert sich einander an, geht quasi auf Schmusekurs im typisch-kargen Performanceambiente, das nur darauf wartet, kreativ erobert zu werden. Aber Wachters und Newtons ganzes Tun besteht lediglich aus Intentionen, die mehr lust- als inspirationslos aus ihnen hervorbrechen. Immer wieder heben sie zu Bewegungen und bald auch verbalen Erklärungen an. Dass jeder dabei lieber das Genre des anderen in den jeweils stets das eigene Ich reflektierenden Monologen über verhasste Trends, ästhetische Maschen oder performative Stilmittel demontiert, hat Methode und erheitert die Zuschauer. „Ich würde nie…“ sagt sich schließlich leichter, wenn man das Bloßstellen von No-Goes dem Partner überlässt. Und der macht dann halt mal auf Rolf Biermann oder zitiert Mary Wigmans legendären „Hexentanz“.

In puncto Sprache und Tanzgestus hat sich das Münchner Duo ausgezeichnet aufeinander eingestimmt. Egal um was es gerade geht: man harmoniert. Obwohl passagenweise eine Revierfremdheit im Schlagabtausch künstlerisch aus eigener Sicht tunlichst zu vermeidender Fauxpas bleibt – egal ob diese von motorischen Impulsen oder diskussionsmotivierenden Stichwörtern wie Neoklassik, Rap oder Politik ausgehen. Momente des Abdriftens ins Menschlich-Private werden dabei glücklicherweise keineswegs ausgeklammert. Bevor Wachter im Exkurs über inszenierte Nacktheit jedoch auch noch demonstrativ Slip und BH abstreift, killt der Techniker das Licht. Am Ende ihrer physisch aufgeladenen Bekenntnislyrik sind sie und er damit freilich nicht.wachter2

Schnell entwickeln sich vordergründig absurde Dialoge. Die Kommunikationsrichtung der angerissenen Themen springt ständig zwischen Interpreten-Tandem und Zuschauern hin und her. Es wird persifliert, was das Zeug hält, und ein Klischee nach dem anderen kolportiert. In kurzweiligen Sequenzen nimmt das Performer-Duo das aus Discotheken bekannte zombiehaft-emotionslose Gliederzuckens (zu konversationskillenden Beats) bis hin zu explosiven Soli in pseudomoderner bzw. expressionistischer Manier vieles auf die Schippe – wohl mit dem Ziel, so erst recht den Blick zu schärfen für Neues und Altes. Den Umgang mit Flüchtlingen in der Theaterarbeit beispielsweise.

Newton ergreift die Chance, hochdramatisch Friedrichs Schillers berühmte Ballade „Die Bürgschaft“ im Sinne eines Outings zum rollenübertreibenden Theaterfreak runterzureißen. Einen Wettlauf um Überleben oder Tod, der den steigerungsbewussten Schauspieler urplötzlich rausrennen und Augenblicke später wieder direkt vor die Füße des Publikums stolpern lässt. Ein gelungener Coup, um sich ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu spielen. In „NichtIch“ kann man hautnah erleben, wie das mit cleveren Ideen-Dips eine Stunde lang richtig gut funktioniert. Ganz ins Schwarze trifft die Show dabei nicht immer. Manches kommt einfach zu schonungslos amüsant rüber.

Katja Wachter und James Newton „Nichtich“, Premiere am 30. März im Theater HochX München

 

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