Farruquito, ebenso wie seine Vorfahren einer der Großen im Flamenco, eröffnete mit „Pinacendá“ den Flamenco-Schwerpunkt im Festspielhaus St. Pölten. Dass er sein tänzerisches Handwerk beherrscht steht außer Frage, jede Geste, jede Drehung, jeder Zapateado ist präzise, dramatisch, mit Nachdruck gesetzt. Ja, er hat das Tänzergen im Blut, daran besteht kein Zweifel. Wären da nicht seine übertriebenen Starallüren, die dem Genuss seiner Performance im Wege stehen.
Farruquito entstammt einer andalusischen Flamenco-Dynastie, deren Vertreter immer für andere Tanzstile offen waren. Versäumte sein Großvater, der Mentor des kleinen Farruquito, keinen Film von Fred Astaire, so lernte der Enkel alle Michael-Jackson-Choreografien und perfektionierte mit diesen Einflüssen sein Drehmoment. Farruquito überzeugt nicht nur mit seiner rasend schnellen Fußarbeit, sondern mit seiner gesamten, eleganten Erscheinung, seinem Charisma – und seinen schnellen Drehungen. Mit auf Tournee: ein ausgezeichnetes Musikensemble, das ihn ausdrucksstark begleitet (auch wenn die Lautstärke der vier Sängerinnen und Sänger mitunter an die Schmerzgrenze ging).
Ein eindrucksvoller Beginn: in einer Kathedrale betet der Tänzer und küsst das Heiligenbild auf dem Altar. (Wir nehmen an, für das Gelingen seiner Performance). Das ist Kitsch pur, aber durchaus vielversprechend. In der zweiten Szene tanzt Farruquito auf dem Tisch, um den herum seine Musiker singen und spielen. Ab der dritten Szene ist die Show wie ein traditionelles Flamencokonzert inszeniert: Der Reigen durch die Tänze Südandalusiens, der „Pinacedá“, wird mit wechselnder, farbiger Hintergrundbeleuchtung und Kostümwechsel begleitet. Soweit, so gut.
Sein überwältigender Erfolg in den USA, vor allem in New York, machte ihn zum Weltstar. Ebenso wie Joaquín Cortés in den 1990er Jahren wird Farruquito nun landauf, landab als bester Tänzer und schönster Mann gefeiert. Leider werden beide Opfer ihrer Eitelkeit und stellen ihren Starruhm übertrieben zur Schau.
Muss man denn wirklich nach jedem kleinsten Display seiner unfehlbaren Virtuosität den Publikumsjubel einfordern? Geht es nicht auch ein bisschen bescheidener bzw. sachlicher bzw. künstlerischer? Diese Attitüde mag wohl auch ein Teil der Flamencotradition sein, doch wenn sich Tänzer wie Popstars gerieren, irritiert (mich) das einfach – im Ballett ebenso wie im Flamenco. Das Publikum war jedenfalls auch in St. Pölten von Farruquito hingerissen.
Farruquito „Pinacedá“ am 22. Oktober 2016 im Festspielhaus St. Pölten