Justus Neumann lebt seit 1987 in Australien und ist trotzdem ein Fixpunkt in der Wiener Theaterszene. Nicht nur durch seine vergangenen Erfolge als Ensemblemitglied des Schauspielhauses Wien und durch das Narrenkastl, sondern auch durch seine gelegentlichen Gastspielbesuche, unter anderem 2013 mit der „Alzheimer Symphonie“. Mit „Häuptling Abendwind“ verabschiedet sich der 68-jährige nun endgültig vom Wiener Publikum und beschert ihm noch einmal einen großartigen Schauspielerabend.
Klar, Nestroys „indianische Faschingsburleske“ ist als Solo kaum umzusetzen. Dennoch wird die abstruse Geschichte der menschenfressenden Häuptlinge Abendwind und Biberhahn getreu der Vorlage transportiert. Doch vor allem dient sie als Rahmenhandlung für einen Rundumschlag vom Wiener Volksdichter und dessen Inspirationsquelle, einer Operette von Jaques Offenbach, über Karl Kraus, Qualitinger bis Jimmy Hendrix und Peter Alexander. Hanspeter Horner inszenierte diese Collage mit sparsamen Mitteln, als Biberhahn „agiert“ eine Puppe (von Masei Koji), die Neumann auch äußerstes Geschick als Puppenspieler abverlangt. Das Publikum (bzw. die Herren) dürfen dabei Volk spielen. Am Ende wird – etwas bemüht – versucht, den Begriff des Kannibalismus anhand der heutigen politischen Praxis von Landwirtschaftssubventionen und Organhandel ins Heute zu verlagern. Schließlich lautet die Produktion im Untertitel: „Kaufe Niere – bezahle bar".
Justus Neumann nützt diese Vorstellung, um noch einmal all seine Register als Schauspieler, Kabarettist und Wiener Original zu ziehen. Sein Sohn Julius Schwing sorgt dabei kongenial sowohl für die Begleitung bei den Gesangseinlagen als auch für die, die „Handlung“ unterstützende Musikdramaturgie. Ein kurzweiliger und berührender Abschied!
Justus Neumann in „Häuptling Abendwind“ am 14. September im MuTh (Premiere am 12. September). Weitere Vorstellungen: 20. bis 22. September