Es ist ein bisschen wie in der Schule. Auch bei einem fortlaufenden Residenzprogramm gibt es stärkere und schwächere Jahrgänge. Die Stücke dieses Semesters von „Artist at Resort“ im Tanz*Hotel hatten unterschiedliche Schwachstellen. Das ist ok, denn gerade dieser Rahmen im intimen Studiosetting eignet sich für junge Künstler bestens zum Ausprobieren, Austarieren und zum Lernen.
Es spricht für den künstlerischen Leiter Bert Gstettner, dass er eine derartige Bandbreite künstlerischer Interventionen erlaubt bzw. ermutigt in seinem Residenzprogramm mit abschließender Werkschau mitzuwirken. Das geht diesmal von der vorwiegend auf Sound basierenden Performance über zwei völlig konträre Soli bis zur skurrilen Beziehungskiste.
Jasmin Schaitl und William „Bilwa“ Costa haben sich und ihre beiden Tänzerinnen mit einer Art von Knipsern ausgestattet, die – in unregelmäßigen Intervallen betätigt – ein metallenes Geräusch erzeugen. Wenn alle vier gleichzeitig heftig drücken, verdichtet sich der Sound zu einer Art Grillenzirpen. Weitere „Instrumente“ sind Bänder bzw. eine Art Film, die über Finger gezogen werden oder Luftballons, die unter dem Druck von Händen knarren und schließlich explodieren. „tasks“ ist ein – wenn auch nicht besonders neuartiges – Experiment um des Experimentes willen. Bewegungen sind sparsam und mit einem gewissen Pathos gesetzt. Jedenfalls ist die Frontalsituation zum Zuschauer dafür kein gutes Format. In einer Galerie ist diese performative Installation wohl besser aufgehoben.
Maria Teresa Tanzarellas Solo „Passport“ beginnt wie eine Szene aus einem Fellini-Film, wenn die Tänzerin in ein weißes Brokattuch gehüllt zu süditalienischer Blasmusik (?, denn Musikquellen wurden wieder einmal keine angegeben) ihre geheimnisvolle Gestik entfaltet. Sobald sie aber das Tuch ablegt, es durch die Lüfte schwingt, Posen im Raum einnimmt oder zu einem Streichquartett (?) tanzt, weicht Mysteriöses dem Banalen. Hier wird 40 Minuten lang eine Aktion an die andere gereiht ohne dass man Grund oder Motivation dafür nachvollziehen könnte. Der Zuschauer sollte Gedanken lesen können …
Gina Battistich hingegen verfährt nach einem klaren Konzept. Hier geht es um Ordnungen und Vermessungen, auch wenn die Elemente – eine Waage, ein Stein und drei unterschiedlich große Bauklötze partout nicht in ein gemeinsames Schema passen. Doch Battistich ist unermüdlich, nicht nur in ihren Ordnungsbemühungen – immer wieder arrangiert sie ihre Requisiten um – sondern auch in ihren Bewegungsmustern, sei es im Vierfüßlergang mit gestreckten Beinen, oder in der Waage nachempfundenen Balanceakten. Oder auch im Zerdrücken der Dinge, die da von der Decke fallen. Diese konsequente Umsetzung macht „Messort (Nest Guy)“ zu einer interessanten Studie und Skizze zum gegebenen Thema.
Zum Abschluss mischten Waltraud Brauner und Nici Rutrech im Slapstickstil den Abend noch einmal gründlich auf. In „My heart goes BOOM“ spielen die beiden Beziehungskiste. Frech, frisch und dreist enttarnen sie die Ratschläge von Popsongs als untaugliche Klischees für den Alltag. In ihrer Performance schonen sie sich nicht, nehmen sich bei ihren Rangeleien hart her. Also sind ihre Gliedmaßen am dritten und letzten Abend von „Artist at Resort Term 11“ bereits mit blauen Flecken gespickt.
Artist at Resort Term 11 Werkschau am 6. Dezember im Tanz*Hotel | Resort 1020