Im intimen Rahmen - Publikum und Tänzer teilten sich die Bühne im Festspielhaus St. Pölten – präsentierten Absolventinnen und Absolventen der Salzburg Experimental Dance Academy SEAD sowie der Tanzabteilungen der Privatuniversitäten Anton Bruckner in Linz und Konservatorium Wien einen vielfältigen Bogen zeitgenössischer Tanzansätze auf beachtlich hohem tänzerischen Niveau.
Bereits vor einigen Jahren gab es im Festspielhaus St. Pölten einen gemeinsamen Abend der Tanzausbildungsstätten im Rahmen des mittlerweile eingestellten Festivals „Österreich tanzt“. Nun gibt das Theater erneut die Bühne für die Nachwuchstalente frei. Eine willkommene Initiative, zeigt sie doch den heutigen Stand der heimischen Tänzerausbildung ebenso wie Trends, die junge Künstler verfolgen.
Sei es Giulia di Guarda, Absolventin von SEAD, die in einem ausdrucksstarken Solo von Shlomit Fundaminsky Impressionen über das Leben von Maria Callas (zu Aufnahmen aus „Carmen“ und „André Chenier“) verkörperte; oder Studierende der Tanzpädagogik in Wien, die in einer Choreografie von Akino Distelberger den Konflikt zwischen Innen und Außen im wörtlichen (durch die Gegenüberstellung eines Video mit Außenaufnahmen zum Tanz auf der Bühne) und übertragenen Sinn thematisierten; oder „On the Way“ von Regina van Berkel mit den Linzer Absolventinnen – in allen Choreografien war Bewegungsmaterial der Ausgangpunkt, wurde entwickelt, vertieft und aussagekräftig verdichtet ohne narrativ zu werden. Im Gegensatz zu einem konzeptuellen Ansatz, stellt dieser tänzerische Zugang freilich auch Ansprüche an das technische Können, die die Absolventen nach einer dreijährigen Ausbildung unterschiedlich gut erfüllten. Dabei kommt es aber wohl auf die Vorbildung an, die die Studierenden mitbringen. Die Linzer Gruppe wartete mit einer starken Tanzgruppe aus fünf Männern und Frauen auf, die die komplexen Partnering-Sequenzen ziemlich gut meisterten. Doch können dieses Körper, die so sehr unter Spannung stehen, loslassen? Diese Absicht verfolgte Doris Uhlich mit ihrer zündenden Choreografie „Energetic Bodies“. Hier geht es ums Abtanzen, Austoben in einem choreografisch lose gesteckten Rahmen, der dieses Stück aber zu einem echten Hingucker macht. Die Absolventinnen der Konservatorium Wien Privatuniversität stecken ihre Tanztechnik kurzzeitig weg beziehungsweise integrieren sie unmerkbar in der freien Form des Tanzes – mit sichtlichem Spaß. Man hätte sich nur gewünscht, dass auch die anderen Tänzer im Finale in diesen miteinstimmen würden – aber dafür gab es wohl nicht genügend Probezeit für die Schlussverbeugung. In jedem Fall aber ist „Young Professionals on Stage“ eine gelungene Ergänzung zu den Masterclasses mit den Top-Gastensembles, die das Haus für die Studierenden anbietet, und eine Initiative mit viel Entwicklungspotenzial.
„Young Professionals On Stage“, Festspielhaus St. Pölten, Bühne am 9. Oktober 2015