Das südafrikanische Bochabela String Orchestra musiziert nicht nur hinreißend, sondern ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es ist ein Ergebnis eines soziokulturellen Projekts in den Townships von Bloemfontein. In der Arbeit mit den dortigen Kindern hat der Gründer Peter Guy eine eigenwillige Aufführungspraxis entwickelt: Die jungen MusikerInnen spielen, tanzen und singen bei ihrer Performance. Sitzen dürfen nur die Cellisten.
Nach der Freilassung von Nelson Mandela aus dem Gefängnis hat der amerikanische Kontrabassist Peter Guy seine Idee, den Kinder der Townships von Bloemfontein eine musikalische Ausbildung zu bieten mit dem „Mangaung String Programme“ in die Tat umgesetzt. Heute, 17 Jahre später, lernen dort mehrere hundert SchülerInnen ein Streichinstrument. Das musikalische Repertoire stammt aus der Lebenswelt der Kinder. Guy hat afrikanische Volksmusik kurzerhand für Streicher instrumentalisiert.
Ein Teil des Mangaung Programms ist das Bochabela String Orchestra, in dem fortgeschrittene junge MusikerInnen nicht nur afrikanische, sondern auch klassische Musik spielen. Dieses Repertoire studiert der Bratschist Klaus Christa (unter anderem Professor am Vorarlberger Landeskonsovertarium) mit dem Orchester ein, das dieser Tage zum wiederholten Mal auf Tournee in Europa ist.
Erstmals war es nun auch in Wien zu hören und zu sehen. Der visuelle Aspekt ist bei diesem Ensemble vielleicht genauso wichtig wie das Hören. Selbst bei der klassischen Literatur – die Suite „Aus Holbergs Zeit“ von Edvard Grieg, eine Suite von Kurt Atterberg und ein Konzert von Antonio Vivaldi – rocken diese MusikerInnen mit. Bei den Afrikanischen Traditionals im zweiten Teil gibt es dann kein Halten mehr. Peter Guy hat die Kewlas, die Kirchenhymnen und Popsongs geschickt für Streichorchester arrangiert und mit choreografischen Elementen einstudiert. Dass ihnen der Rhythmus im Blut liegt, überrascht freilich wenig. Doch sie beherrschen nicht nur ihre Instrumente – Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass – auf beachtlich hohen Niveau, unter ihnen befinden sich auch einige sehr talentierte SängerInnen, wie sie zum Beispiel mit „Another Country“ von Mango Groove oder „Pata, Pata“, der südafrikanischen „Hymne“ von Miriam Makeba bewiesen. Als Zugabe gab es auch noch Brahms Wiegenlied „Guten Abend, gut’ Nacht“ – auf deutsch. Das Publikum dankte mit Standing Ovations.
Bochabela heißt „wo die Sonne aufgeht“. In diesem Sinn bietet das gleichnamige Orchester nicht nur ein berührendes, überzeugendes und mitreißendes musikalisches Programm, es ist auch ein Hoffnungsträger. Seine jungen Kulturbotschafterinnen bestechen mit ihrem natürlichen, sympathischen Auftreten und bestätigen die Beschreibung im Programmheft, dass das Mangaung String Programm weit mehr ist „als nur ein Angebot, ein Instrument zu lernen. Es ist eine Familie, eine seelische Heimat für viele jungen Menschen aus den Townships von Bloemfontein.“
Bochabela String Orchestra, Tournee 2015, am 14. Jänner im MuTh Wien. Weitere Stationen: Feldkirch (16. und 18. Jänner), Kislegg (17. Jänner), Lech (18. Jänner), Zürich (19. Jänner)