Der erster Teil einer von Tomas Danielis geplanten „Tristan und Isolde Trilogy“ war am im TTZ, Tanz & Theaterzentrum Graz, zu sehen. Gefolgt vom Einblick in eine Arbeit Rocio Berenguers, "Homeostasis", deren Premiere im Oktober in Paris stattfinden wird. Der Einsatz von gesprochener und geschriebener Sprache stand in beiden Performances auf Augenhöhe zu dem, was Bewegung auszudrücken vermag.
Tomas Danielis, geboren und ausgebildet in der Slowakei, ist seit gut zehn Jahren als Tänzer-Choreograph sowie als Lehrer europaweit unterwegs und bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Die vielseitige Künstlerin Rocio Berenguer ist Schauspielerin, Regisseurin, Dramaturgin, Tänzerin und Choreographin sowie artistische Leiterin der Compagnie Pulso, deren Interesse der Dramaturgie du corps, also der Sprache des Körpers und den neuen Medien gilt.
In ihren an diesem Abend gezeigten Arbeiten haben die Neuen Medien ihren zeitimmanenten Platz. Klug umgesetzt in „Tristan“ von Tomas Danieliis, wo Rocio Berenguer den Text spricht bzw. vom Tablet zitiert: Frontal, aber vor allem unmittelbar neben und damit zu einzelnen Zusehern, die im Kreis auf der Bühne rund um das Geschehen sitzen: Dies bewirkt nicht nur eine jeweils starke Konfrontation mit diesen Inhalten um soziale Kommunikation, um Potential und Realität von Demokratie, sondern auch ein gewisses Zurücktreten des Textes für das restliche, nicht unmittelbar angesprochene Publikum. Damit ergibt sich ein Angebot an dieses, sich phasenweise eher auf den Text oder sich verstärkt auf den Tanz, der sich in Form einer Installation in Bewegung präsentiert, zu konzentrieren. Durch diesen provozierten, individuellen Fokuswechsel entsteht eine Basis-Spannung, eine ungewöhnliche Art von Rhythmik, die für weite Teile der Arbeit zusätzlich zu Tomas Danielis Agieren wirkt: Zu dem, was neben der intensiven Anfangsszene, neben seiner mehrfach widerkehrenden tänzerischen Vermittlung von Einschränkung und sich widersetzender Kraft den Zuseher erreicht. Etwas, was sich insbesondere durch seine Präsenz und Ernsthaftigkeit dem Zuseher vermittelt. Seine Intention, Wesentliches sagen zu wollen, ist greifbar, wobei die Zurückhaltung, sich der Bandbreite seines präzisen Bewegungsmaterials zu bedienen, sich zwar konstant in minimalistischer Form äußert, aber nur hie und da sein Können stärker aufblitzen lässt. Er bietet somit dem Publikum nur wenig an Handreichungen zum Thema „Politics of performing based on politics of behaving“ – und das ist im Grunde nicht ganz nachvollziehbar.
Berenguers Idee und Konzept zu „Homeostasis“ erreicht schon in der jetzigen work-in-progress-Form viel Aufmerksamkeit: Einerseits bietet diese Arbeit eine interessante Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen „network“. Sie greift aber noch viel tiefer, setzt sich in gleichermaßen spontan-schlagwortartiger wie intellektueller Weise mit Systemen, mit „dem“ System auseinander, das Gleichgewicht anbietet und doch in seiner Fragilität Bedrohung per se darstellt. Nach einigen noch nicht wirklich überzeugenden Anfangsszenen steigert sich die Performance sowohl verbal als auch tänzerisch, nimmt gefangen, zieht nahezu in einen atemlosen Strudel der kraftvollen Anspannung, der herausfordernden Entwicklung, des unentrinnbaren Gefangenseins, wobei die „Verletzlichkeit“ des Systems eine Konstante bleibt. Außerdem fasziniert Berenguers mit ihrem im zweiten Teil gezeigten Flamenco-Zitate einstreuenden, tänzerischen Können.
Tomas Danielis: "Tristan", Rocio Berenguer: "Homeostasis" am 6. Dezember 2014 im TTZ, Tanz- und Theaterzentrum Graz