Yes, You can. Atem anhalten, erleichtertes „Ahhh!“, Atem anhalten, entzücktes „Ohhhh!“: so pulsiert der Rhythmus des Publikums. Doch André Hellers Neuauflage von „Afrika! Afrika!“ macht mehr als einen Zirkus. In Österreich war Klagenfurt die erste Tournee-Station.
Wegen erregter Nachfrage ließ sich der Künstler André Heller zu einer zweiten, brandneuen Auflage der Show „Afrika! Afrika!“ überreden. Allerdings läuft die Produktion nicht im arbeitsintensiven Zelt, sondern als mobile Guckkastenbühnenvariante. Mit dabei sind wieder ausschließlich afrikanische bzw. afroamerikanische Künstlerinnen und Künstlern, diesmal 77 an der Zahl. Aus 14 Staaten kommend unterhalten sie mit fesselnder Musik, extravaganten Kostümen, Tanz und Artistik. Heller will mit der Show ein „frohes Herz bescheren“ (aus dem Programmheft). Das ist auch nötig, denn ob der tristen Ambientes der Klagenfurter Wörtherseehalle 4 könnte man stante pede in Tränen ausbrechen.
Sobald es losgeht, ist die deprimierende Architektur jedoch schnell vergessen, unter anderem aufgrund der 5-köpfigen Acrodunk-Formation. Diese US-amerikanischen Nachfahren einstiger Sklaven begeistern mit einer rasanten Basketball-Nummer. Immer wieder nehmen sie Anlauf, springen auf ein Trampolin, lassen sich hoch in die Luft schleudern und werfen den Ball nach virtuosen Salti zielgenau in den Korb. Auch an Humor fehlt es den fulminanten Springginkerln nicht. Zwischendurch katapultiert sich ein Spieler selbst ins Netz.
Neben Helene Sano als biegsame Schlangenfrau oder Dickson Oppong als fontänenartiger Wasserspeier stach besonders 12er-Mannschaft der Tanzania Acrobats ins Auge. Scheinbar mühelos baute die energiegeladene Truppe viermannshohe Menschenpyramiden. Nur die dreiköpfige Truppe Human Balance aus Äthiopien konnte da mithalten. In höchster Konzentration und ausgefeilter Zeitlupe konstruieren diese Artisten aus Handständen Körperformationen als wären sie jeglicher Schwerkraft enthoben.
Allem zirzensischen Spektakel zum Trotz bleibt Hellers künstlerische Gesamtleitung lobenswert politisch korrekt. Auf großer LED-Leinwand werden historische Bilder wie ein Besuch der Queen, idyllische Tier- und Landschaftsmotive in Reisekatalog-Qualität, aber auch hungernde und angesichts von Apartheid, aufbegehrende Menschen projiziert. Im krassen Gegensatz dazu verortet sich das Live-Defilee dunkler Schönheiten in exklusiven Klamotten aufstrebender afrikanischer Designer, etwa dem senegalesischen Label Bull Doff, tief im finanzmarktdominierten 21. Jahrhundert. Was für ein kontrastreicher, spannender Kontinent!
André Hellers „Afrika! Afrika!“ in Klagenfurt am 22. Oktober.
Hier findet man alle Tourneetermine für 2013/14.
Der Text ist ein Originalbeitrag für die Kleine Zeitung und ist dort am 23. Oktober erschienen.