Ein Antikriegsstück, das vom Krieg handelt. Kein Widerspruch sondern eine unterhaltsame Aufführung im Landestheater Linz. Olivier Tambosi hat zu Henry Purcells Komposition „King Arthur“ eine Geschichte von Artus und seinen Rittern inszeniert, wie es nur im Dreispartentheater gelingen kann: Gesang, Tanz und Schauspiel ergeben eine abwechslungsreiche Szenenfolge mit Witz und Intelligenz.
Kein Pathos, kein Zauberer, aber eine Königin, die gern das Bett mit anderen teilt, schließlich ist der königliche Ehemann im Krieg. Er kämpft aber nicht, sondern diskutiert lieber während Sir Kay akribisch seine Rüstung poliert. Zum Kampf sind die Ritter bereit, allen voran Lancelot und sein neuer Freund, der schwarze Ritter. Nicht in grauer Vorzeit erklingt das Lied von Liebe und Krieg, sondern im 20. Jahrhundert. England kämpft gegen Deutschland und ist ziemlich in der Defensive. Die Ritter aber in ihren glänzenden Rüstungen fuchteln mit Schwert, irren durch die Wälder und versuchen vergeblich, den Liegestuhl aufzustellen, wenn sie sich ausruhen wollen. Sie sind eben von gestern. Auch im Bett von Ginevra bewährt sich nicht ein jeder. Der Kampf scheint verloren, die Feinde telefonieren aus dem off. Für den Sieg gibt es nur eine Möglichkeit: Der Gral (ein Euphemismus für die Bombe) muss gefunden werden. Die Formel lässt sich entschlüsseln, die Ritter stehen bereit, doch der weise Artus sagt: „Nein“. Das Töten soll ein Ende haben. Endlich kann er es sich wieder zu Hause gemütlich machen, Ginevra bringt ihm reuig den Tee ans Bett.
Tambosi hat sich an die Musik von Purcell gehalten, sie nur durch zwei Zitate aus den 1940er und 1968er Jahren ergänzt. Die Handlung hält sich auch grosso modo an das Libretto von Purcells „Dramatick Opera“ von John Dryden, Text und Esprit jedoch stammen von Donald Barthelme, dessen surreal-comichafter Ritterroman, „Der König“, 2006 erstmals auf Deutsch erschienen. Die ironischen Dialoge hat Tambosi zu einer schnell wechselnden Szenenfolge auf der Drehbühne arrangiert und mit den gesungenen (Original-) Musiknummern und den Tanzeinlagen (Choreografie Ralf Rossa) zu einem unterhaltsamen Musical zusammengesetzt, das auf einem ernsten Untergrund („Make love not war“) leichtfüßig einher tanzt.
Bestens kommt das Ensemble mit der schwierigen Aufgabe zu singen und zu spielen, zu tanzen und auch als Instrumentalisten aufzutreten, zurecht. Die schwierigste Rolle hat die Sopranistin Christiane Boesiger übernommen. Die Schweizerin (auch an der Wiener Volksoper beschäftigt) ist nahezu die gesamte Spielzeit von zweieinhalb Stunden auf der Bühne, singt und spielt mit bewundernswerter Energie. Christian Manuel Oliviera ist Sir Lanzelot, der am Ende alle Eitelkeit und Kampfeslust ablegt, todmüde in Ginevras Schoß liegt und eine neue Interpretation des berühmten „Cold Songs" (Remix von Anna Murphy & Tor-Helge Skel) so berührend singt, dass man meint, die Tränen in seinen Augen glitzern zu sehen. Die Liste der Mitwirkenden ist jedoch zu lang, um sämtliche Namen aufzuzählen, zumal es über keinen der Darsteller, Sänger und Tänzerinnen, die den Bühnenhintergrund beleben, die Musik illustrieren, manchmal Volk und auch Waldgeister sind, anderes als Lorbeeren zu streuen sind.
Gemeinsam mit dem Chor des Landestheaters Linz musiziert das Bruckner Orchester, geleitet von Takesho Moriuchi, Purcell, wie man ihn gerne hört. Andreas Wilkens, opernerfahren wie Tambosi, hat ein ebenso barockes wie romantisches Bühnenbild gebaut, das den DarstellerInnen genügend Platz zum Agieren lässt und durch den Permanenteinsatz der Drehbühne nicht nur langwierige Umbaupausen erspart sondern auch allerlei Licht- und Toneffekte erlaubt. Im Lauf der Aufführungsserie wird es Regisseur Tambosi auch gelingen, die nötigen scharfe Striche anzubringen, um die Szenenfolge zu einem kompakten Stück zu fügen. Dass die englischen Liedtexte Deutsch übertitelt werden und auch der Kern der einzelnen Szenen auf dem Lichtboard angezeigt werden, hat sicher zum begeisterten Applaus des beglückten Premierenpublikums beigetragen.
„King Arthur“, ein Ritterstück … für Schauspiel, Oper und Ballett nach Donald Barthelmes Roman „The King“ für die Bühne bearbeitet von Olivier Tambosi. Premiere am 19. Jänner 2013, Landestheater Linz.
Nächste Vorstellungen: 24., 27. Jänner, 5, 8., 26. Februar. Weitere Vorstellungen.