Tanzakrobatik mit sprühendem Witz.
In den Tanzpalast entführen Magdalena Chowaniec und Mathieu Grenier mit ihrer köstlichen Performance „When I don’t dance I collect crystal balls“. Diese kristallenen Bälle schweben am Ende auch kurz über der Bühne das Tanzquartier-Studios, während sich das Turniertanzpaar, dunkelbraun geschminkt und erschöpft, vom tobenden Publikum verabschiedet.
Die Tänzerin und Performerin (Choreografin will sie sich nicht nennen: „Ich choreografiere nie“) Magdalena Chowaniec ist tatsächlich für alles offen. Nicht nur für schräge Performances, Gesang und ernsthafte Bewegungsrecherche sondern auch für das klassische Ballett, von dem sie sich zwar nach dem Studium verabschiedet hat, das sie aber in der aktuellen Performance gar nicht verleugnen will. Chowaniec und der französische Tänzer / Sänger / Choreograf und Schauspieler Mathieu Grenier (Mitglied im Centre Choréographique Nationale de Montpellier) haben Lust bekommen, all das zu machen, was im zeitgenössischen Tanz nahezu verpönt ist: Mit Freude an der Bewegung, Hingabe an den Rhythmus, perfekter Technik und allerbeste Laune dem Tanz zu huldigen.
In weißen Frotteemänteln erscheinen Barbara und William, ein etwas naives aber liebendes Paar (aus der amerikanischen Provinz) auf der Bühne, um sich auf ein Tanzturnier vorzubereiten. Das passiert mit akrobatischen Balanceakten und sechs Würfeln. Diese dienen als Hocker und Treppe, als Turm und Jonglierobjekt. Dabei gibt es manchen Ausrutscher und an die Oberfläche drängende Beziehungsprobleme. Später, wenn die beiden ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, wird die Fassade wieder gewahrt. William nickt etwas blöde, wenn Barbara kokett ihre Thesen von sich gibt; Barbara zeigt ihre weißen Zähne – Cheese! – und flötetet „Yes“, wenn William wiederholt, was sie gerade gesagt hat. Mit fliegendem Kostümwechsel und zusehends weniger Stoff am Körper zeigen uns B & W dann rasant, was hinter Rumba, Paso doble und Tango wirklich steckt. Grenier mimt den schönen Mann, Stütze und Halt seiner wirbelnden Partnerin. Chowaniec tanzt ihm buchstäblich auf dem Kopf und steppt und dreht dass ihr der Sieg in diesem (fiktiven) Bewerb sicher ist.
Mit der perfekten doppelbödigen Vorführung verbreiten Chowaniec und Grenier reine Lebens- und Tanzfreude. Schön, dass im intimen Raum der Studios das Mienenspiel der beiden genau zu sehen ist. In den Gesichtern von Barbara & William spielen sich die wahren Komödien ab, während ihre Beine wieder mal um seinen Hals geschlungen sind.
Ein Vergnügen (für Publikum und Tänzer / in), wofür man sich nicht genieren muss, weil es klug aufgebaut und perfekt dargebracht ist.
Magdalena Chowaniec / Mathieu Grenier: „When I don’t dance I collect crystal balls“, Uraufführung am 10. Mai, gesehen am 11. Mai 2012, Tanzquartier / Studios