Poetischer Bilderbogen. Einschlafrituale boomen im zeitgenössischen Kindertanz. Heuer gastierte bereits das Salzburger „Schreckhupferl“ für Vorschulkinder im Villacher Congress Center, nun zeigte die belgische Formation Nat Gras mit „Sch(l)af gut“ ihre Version vom Zubettgehen für Kindergarten-Minis.
In beiden Stücken begegnete man sensiblen, altersadäquaten Theatralisierungen. Während sich die Fünfjährigen im „Schreckhupferl“ bereits ihren abendlichen Ängsten stellten, dominiert in „Sch(l)af gut“ einladende Harmonie ganz im Sinne der ohnehin aufgeregten Theaterneulinge.
In der entzückenden Ausstattung von Van Dijck und Yvonne Knevels blättern Mano Amaro und Jan Martens gemeinsam in Bilderbüchern, räumen auf, kleiden sich um und kuscheln im Bett. Was wie eine trockene Aufzählung klingt, bringen die beiden exzellenten Tänzer jedoch in einen atemberaubend poetischen Bilderbogen aus Tanz, Bewegung und Spiel. Wortlos verwandeln sie Alltägliches in sorgfältige Choreografien. Sie zerdehnen Gesten, wie das Aufbinden von Schnürsenkel. Sie verfremden Vertrautes und schlüpfen im Handstand in den Pyjama. Oder rhythmisieren das Putzen, wenn sie auf Handtüchern im Gleichklang über den Boden rutschen. Als Jan Martens schließlich auf einem riesigen Leintuch einschläft, dürfen ihn die Kinder gemeinsam zudecken. Glück auf! Das Publikum von morgen wird man nach Produktionen wie „Sch(l)af gut“ nicht mehr vom Sinn zeitgenössischen Tanzes überzeugen müssen.
Nat Gras „Sch(l)af gut - Sheeptight“, Congress Center Villach, 7.Mai 2012
Dieser Text ist ein Originalbeitrag für die Kleine Zeitung vom 9. Mai 2012