Der israelisch-französische Choreograf Emanuel Gat brachte „Brillant Corners“ bei der Biennale von Venedig zur Uraufführung, und das, obwohl Tanz – bedingt durch den biennalen Charakter des Festivals - heuer offiziell gar nicht vertreten ist. Theoretisch eben.
Zu der sich – heuer dicht und spannend wie nie zuvor - über Venedig ausbreitenden Kunstbiennale gehören seit Jahren auch Tanz, Musik und Theater. Bisher in jährlichen Aufführungsserien mit Festivalcharakter. Nun ging man auch hier zum Zweijahresrhythmus über, beginnend beim Tanz. Den gibt’s heuer eigentlich nicht und trotzdem strahlt er an der Lagune!
Denn erstens läuft das pädagogische Programm der Biennala Danza unter Ismael Ivo weiter und bot als „Arsenale della Danza“ schon im Frühling eine Reihe interessanter Bühnenprojekte. Zweitens holte man letztes Wochenende mit „Brillant Corners“ eine große, prominent besetzte Tanzuraufführung an die Lagune. Und drittens griff man zu Etikettenschwindel: Die „Biennale Teatro“ zeigt vom 10. bis 16. Oktober Weltklasse-Performancekunst mit Schwerpunkt Tanz, bei der internationale Spitzenregisseure und -choreografen auf Tuchfühlung gehen und Venedig unter Leitung des Katalanen Àlex Rigola mit ihrer Kunst überschwemmen wollen: Von Jan Fabre bis Thomas Ostermaier, von Joseph Nadj bis Jan Lauwers, Stefan Kaegi oder Virgilio Sieni. Und da man die Qualität der an vielen wunderbaren Orten der Serenissima (von Arsenal bis La Fenice) zu sehenden alten und jungen Meisterwerke dieser Theatergrößen kennt, wird man den Besuch der 54. Biennale in dieser Oktoberwoche nicht bereuen!
Die Uraufführung der eingangs erwähnten Tanzwerks des in Frankreich wirkenden israelischen Choreografen Emanuel Gat im gar nicht kleinen Teatro Piccolo des Arsenals hinterließ jedoch Ratlosigkeit: „Brillant Corners“ sollte eigentlich „Brillant Dancers“ heißen, denn das Stück geriet zur Demonstration perfekter zeitgenössischer Tanztechnik. Während alles andere, was guten Bühnentanz ausmacht, fehlte. Nachvollziehbar war lediglich Gats Ankündigung im Programm, dass seine Choreografie einem ins Wasser geworfen Gemälde gleiche, das neue Zeichnungen hervorbrächte. Eine tatsächlich verschwommene Sache in düsterem Licht ohne erkennbare Regie, zu bemühter, doch schwacher Soundcollage mit immerhin ein paar poetischen Schlussbildern. Es ist zu hoffen und wohl auch anzunehmen, dass dieses bereits international vielfach verkaufte Werk fertig entwickelt mit entsprechender Lichttechnik andernorts seinem „brillanten“ Titel gerecht wird.
„Brillant Corners“ von Emanuel Gat, UA am 24. Juni, Teatro Piccolo, Arsenal von Venedig.
Alle Termine und Karten unter www.labiennale.org