Auch die 8. Vorstellung von „Don Quixote“ in der Staatsoper war so frisch wie am ersten Tag und wieder total ausverkauft. Denys Cherevychko ließ sich als Basil vom eisigen Charme der Gasttänzerin aus China, Qimin Wang, zu Höchstleistungen anfeuern.
Ermanno Florio ist ein umsichtiger Dirigent. Obwohl nicht nur die Ballerina des Chinesischen Nationalballetts ihr Rollendebüt als Kitri in der Wiener Staatsoper feierte, sondern auch Nina Poláková (Straßentänzerin), Franziska Wagner-Hollinek (zweite Freundin Kitirs), Andrey Teterin (Espada), Anna Shepelyeva (Amor) und Davide Dato (Zigeuner) zum ersten Mal ihre Rollen tanzten, war das Orchester immer mit den TänzerInnen im Einklang. Das Corps de Ballet war mit synchronen Einsätzen, voller Konzentration und spanischem Temperament bei der Sache, als wär’s eine Premiere.
Qimin Wang ist eine zierliche Tänzerin mit tadelloser Technik von den Fuß- bis in die Fingerspitzen und wunderbar weichen Armbewegungen. Jeder Sprung, jede Arabesque (sur pointe), jede Drehung wird in unnachahmlicher Virtuosität ausgeführt. Solch makellose Perfektion kann begeistern, aber das Herz erwärmt sie nicht. Dass die Geschichte des jungen Liebespaares, Basil und Kitri, dennoch lebendig erzählt wird, ist Denys Cherevychko zu verdanken, der sich von der eiskalten Vollkommenheit Wangs nicht dämpfen sondern eher anspornen ließ. Auch seine Sprünge, Drehungen und Hebungen sind ohne Fehl und Tadel, hoch, weit und kräftig, doch tanzt er nicht nur einstudierte Bewegungen, sondern ist der verliebte, aber Kitris Vater als armer Barbier nicht genehme Jüngling, der sich zwar von dem Mädchen viel gefallen lässt, letztlich aber doch genau weiß, was er will: den Vater überzeugen und die Braut erobern. Cherevychko versprüht als Basil jugendlichen Charme und zeigt in seinem leidenschaftlichen Auftreten eine Bühnenpräsenz, die die Aufführung zum Erlebnis werden lässt.
Begeistern konnte auch der junge Davide Dato als Zigeuner. Exakt, energiegeladen und mit vollem Einsatz tanzte er den wilden Kerl in rasantem Tempo. Da zog auch Florio mit seinem Orchester mit, während er sonst eher auf die Melodie als auf in Eile abgespulte Takte Wert legte und zwischen den einzelnen Variationen den TänzerInen eine echte Verschnaufpause gönnte. Andrey Teterin als Espada schwingt zwar die Mantilla schnittig und fesch, ist aber mit der Rolle eines stolzen, trittsicheren Toreros noch etwas überfordert. Sie alle, SolistInnen wie Corps, ließen sich von der kalten Schönheit der geschmeidigen Perfektion des chinesischen Gaststars nicht von ihrem Kurs abbringen und so war das Publikum mehr als zufrieden. Man sah das Eis und das Feuer.
Don Quixote, Staatsoper, 25. April 2011
Letzte Vorstellungen in dieser Saison: 1. Mai (Qimin Wang, Denys Cherevycko), Staatsoper.