Im Hintergrund schimmert Uwe Bressniks rotes Fastentuch, davor wiegt und krümmt und dreht sich unter Orgelklang eine Frauengestalt, sinnlich, rituell, ausdrucksstark. Dieses Bild nahm der Besucher der Performance „Lebens.Tanz“ am Mittwoch im noch winterkalten Klagenfurter Dom nach Hause.
Bei dem weitgehend gelungenen Experiment von Marina Koraiman und Klaus Kuchling wanderten die Zuschauer von einer Bühne zur nächsten. Zunächst versammelte man sich im Dunkeln am Kircheneingang um einen schwarzen Würfel. Scheinwerfer. Ein Haufen Stoff. Orgel. Philipp Glass, „Dance Nr.4“. Kraftvoll beginnt der Organist die musikalische Meditation, deren Rhythmus die den schweren, schwarzroten Samt allmählich formende Tänzerin übernimmt. Eine wogende Skulptur, die durchaus als Markenzeichen der interessanten Allrounderin gewertet werden kann: Ist die aus Klagenfurt stammende Wahllinzerin doch auch Textil- und Malkünstlerin und Adeptin des japanischen Bildhauers und Tänzers Saburo Teshigawara. In der Bewegung bleibt sie fest dem Ausdruckstanz verhaftet, den sie noch bei ihrer Entdeckerin und Förderin Erika Gangl studierte. Ein Stil, der im archaisch angehauchten, sakralen Raum aber auch heute durchaus wirkt.Meditativ-sinnliche Mystik und ritualhafte Expressivität prägten auch den leichten „Tanz von Jephtas Tochter“ von Petr Eben auf der mittleren und vor allem die Stücke von Jehan Alain auf der letzten Bühne, vor dem Altar.
Dass sämtliche Musikwerke durchgetanzt wurden, anstatt sie durch Kuchling auch mal an-, aus- oder „solo“ klingen zu lassen, war ein kleiner Minuspunkt dieses sonst beeindruckenden Abends. Für manchen Betrachter verhinderten wohl auch die immer wiederkehrenden, fast akademisch ausgeführten Ausdruckstanz-Elemente der sehr auf Kraft setzenden Tänzerin eine - selbst im Ritual durchaus mögliche - freiere, individuellere Gestaltung und damit noch größere Erlebnisintensität.
Immerhin zeigen diese Performance in Klagenfurt und andere „hausgemachte“ Kreativaktionen wie jene von Andrea K.Schlehwein in Millstatt (s.Kritik) und des slowenischen Kulturverbandes („Prezihs Traum“, s.Kritik), dass der Tanz derzeit in Kärnten wieder leichten Aufwind hat, der heuer sogar den Carinthischen Sommer erfassen wird: ein Gastspiel und eine Uraufführung verweben an zwei aufeinander folgen Abenden (3./4. August) Folklore und zeitgenössischen Tanz.
Lebens.Tanz, Klagenfurter Dom, 31.03.2010