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Alexandra Bachzetsis und ihr Team brachten den kuratorischen Schwerpunkt Rochade: Schweiz zu einem unterhaltsamen Abschluss

Dream Season, Tanzquartier Wien, 20.02.2010

Für Künstler der Postmoderne sind die Trivia des Alltagslebens eine der Hauptinspirationsquellen. Nicht alle sind dabei so schonungslos vorgegangen wie der Altmeister der Pop-Art Andy Warhol, der die (Werbe-)Objekte selbst zur Kunst stilisierte.*
Ähnlich geht Alexandra Bachzetsis mit „Dream Season“ vor. Sie bringt eine Soap-Opera auf die Bühne.
Drei Frauen und zwei Männer -  ein Nightclub-Besitzer, seine Frau und  deren halbwüchsige Tochter, eine Stripperin und deren Bruder, ein unwiderstehlicher Feschak und gleichzeitigeer Auftragskiller - sind die perfekte Konstellation für die Soap. Die Bühne ist wie ein Fernsehstudio eingerichtet. Die Bodenmarkierungen für die Akteure sind deutlich und genau, damit die Kamera das richtige Bild einfangen kann.
Der Plot rollt chronologisch ab. Die Wirren von Sex und Liebe, Lüge und Intrige spielen sich vor den Augen des Zuschauers ab, teilweise in schöner Doppeldeutigkeit - hier das Geschehen auf der Bühne, dort die Überblendungen und Verdichtungen auf den beiden übereinander montierten Bildschirmen, die es erlauben, auch Charaktere untereinander zu mischen.
Bachzetsis hat den Duktus ihres Soap-Dramas der englisch-amerikanischen Soap entliehen, die durch einen fiesen zentralen Charakter (wie etwa J. R. Ewing im Genre-Klassikern „Dallas“) dem romantischen Desaster eine gehörige Portion Zynismus verleihen. In „Dream Season“ ist der Nachtclubbesitzer Nic der Unsympathler, der alle unterdrückt und dabei von allen hintergangen wird.
Der Schlüssel für den Erfolg einer Soap sind einerseits die Qualität der SchauspielerInnen, andererseits, dass sie den Zuseher Folge für Folge vor den Fernseher locken. Wenn der Plot zu hahnebüchen wird, ist das der Tod der Serie - so geschehen in den späten Folgen von „Denver Clan“. (Schwache Schauspieler halten wohl nur deutsche und österreichische Fernsehkonsumenten so geduldig aus.)
Beide Faktoren hat Alexander Bachzetsis bedacht und danach gehandelt. Ihr exzellenter Cast - Nic Lloyd, Liz Kinoshita, Carlos Garbin, Martina Sofie Wildberger und die Choreografin selbst - und eine clevere Dramturgie (Nicole Borgeat) halten von Anfang bis Ende die Spannung (der eine oder andere kleine Durchhänger sei großzügig verziehen).
Ebensowenig wie Warhol seine Artefacte kommentiert, tut dies Bachzetsis mit ihrem Stück und sie erreicht damit den gleichen Effekt: Die Soap auf der Bühne ist noch oberflächlicher als im Fernsehen, und entblösst damit das telegene Machwerk umso deutlicher.

Andy Warhol ist einer der Künstler der Ausstellung „Cars“ in der Albertina. Seine Arbeit ist auch Teil der Ausstellung „Changing Channels“ im MUMOK ab 6. März.
www. albertina.at
www.mumok.at