Die vielbeachtete Schweizer Choreografin Anna Huber gastiert im Rahmen des Programms "Rochade: Schweiz" in Wien
Eine Frage der Zeit, Tanzquartier Wien, 30.01.2010
Keine Frage, die Schweizer Choreografin Anna Huber lässt sich nicht hetzen. Bedächtig, eher langsam und selten dynamisch geht sie auf den im hinteren Rand der Bühne aufragenden Tanzbodenbahnen ihrer Zeiterforschung nach. Sie macht das genau, fast akribisch. Ihre Bewegungssprache beruht auf einer soliden Technik, mit der sie elementare Bewegungselemente -abrollen der Wirbelsäule, halten, hochrollen, Pliés - symmetrisch und präzise in den Raum setzt. Eine ebenso präzise Lichtregie (Thilo Reuther) und die Musik von Martin Schütz begleiten sie dabei.
Armbewegungen wie die Zeiger einer Uhr, Drehungen wie in einer Spieluhr. Kleine Handgesten, die die Zeit (?) wegschnipsen oder einfangen, dann wieder Positionen, die sich nur langsam in einer Folgebewegung auflösen. Nur wenige Male durchbricht die Tänzerin die meditative Konzentration und rennt über die Bühne. Rasant wird es dabei nie. Denn wenn die Tänzerin ihre Füße oder Hände schüttelt, verliert sie die Kontrolle, die bei gemäßigtem Tempo ihr Forte ist. Die Sicherheit, mit der sie etwa Balancen hält, verpufft bei schnellen Bewegungen. Es wird zappelig, doch nicht im Sinne der Zeitdimension, die hier erforscht wird. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass sich dieser kontrollierte Körper nicht befreien kann.
Mit diesem Solo hat die Choreografin ein persönliches Statement zu ihrem subjektiven Zeitempfinden abgegeben (fair enough), wenngleich diese eindimensionale Facette des Phänomens mit seiner spröden Glätte (an mir) abperlte. Anna Huber hat die Zeit. Ich hatte die Uhr. Respektvoller Applaus.