Mit dem dreitägigen Wiener Performancefestival „scapes“ ist eine neue Plattform für unterschiedlichste Zugänge zu Tanz und Musik eröffnet. Der erste Abend war viel versprechend. Einerseits wegen des abwechslungsreichen Programms, andererseits weil der Aufführungsort Brick- 5 einen intimen und informellen Rahmen für die Begegnung von Publikum und KünstlerInnen bietet.
Die Burgenländischen Tanztage im OHO Oberwart, veranstaltet von D.ID Dance Identity, zeichnen sich durch die ungezwungene Atmosphäre aus, in der zeitgenössische Performance abgehandelt wird. Der Leiterin Liz King gelingt es scheinbar mühelos, Gräben zu überwinden und die örtliche Bevölkerung für das neue Kunstgenre zu interessieren, ja zu begeistern. Mit Georg Blaschke (M.A.P. Vienna) versucht sie nun, mit „scapes“ dieses Konzept in Wien zu realisieren und auch hier scheint es zu gelingen.
Der erste Abend begann noch ganz ernsthaft: Oleg Soulimenko präsentierte seine „Reise durch Erinnerungen und Träume“, genannt „Love Letters“. Seine Riffs auf der E-Gitarre zu Beginn erinnern an US-amerikanische Polizeisirenen. Mit reduziertem Bewegungsmaterial tastet er sich wie schlafwandlerisch durch den Raum, um seine Performance mit einer Ballade auf der Gitarre ausklingen zu lassen.
Danach gab der körperbehinderte Tänzer und Choreograf Michael Turinskys mit seiner ersten Choreografie für nicht behinderte Tänzerinnen eine eindrucksvolle Talentprobe ab. Er sieht in dieser Choreografie eine Metapher für den Körper des Choreografen, einen Prozess der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen seinen Körpers. In „Signature Series“ scheinen die TänzerInnen (wunderbar: Leon Maric, Manaho Shimokawa und Violeta Fatás) den kleinen Bühnenraum mit der Dynamik ihrer Bewegungen zu sprengen. Was sie aber tatsächlich sprengen, sind ihre Kostüme (von Devi Saha), die nach und nach an den Nähten platzen und schließlich nur mehr als Fetzen an ihren Körpern hängen und sie von den Einschränkungen, die ihnen die formellen grauen Anzüge auferlegten, befreien. Turinsky gelingt mit wenigen repetitiven Bewegungselementen den Raum und die Beziehung der drei TänzerInnen immer wieder neu zu verhandeln und abzustecken und damit durchgehend die Spannung zu halten.
Zum Abschluss des ersten Abends wurde das Publikum in die Bar gebeten. Unter dem Titel „Yesterday’s Party“ servierten die PerformerInnen Clélia Colonna, Claire Granier und Martin Schwab Suppe und Kuchen zu französischen Chansons und wurden dabei musikalisch von Gerhard Buchegger und Timon Thalwitzer begleitet. Der Hauch von französischem Esprit als sympathischer und entspannter Ausklang der Festivaleröffnung.
„scapes“ Eröffnungsabend am 5. Dezember 2013 im Brick-5.
Die Performances am 6. und 7. Dezember sind: „Signature Series“ von Michael Turinsky, „Untitled (2) you don’t know how lucky you are von Alessandro Sciarroni, „multipletwo“ von Georg Blaschke und „1:1 cowbirds“ von Clélia Colonna