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Wenn die Ballerina tot umfällt, dann wird der Krimi komisch. Manuel Legris studiert mit dem Staatsballett Wien „Le Concours“ von Maurice Béjart ein. Premiere ist am 17. April in der Volksoper.

Die Eltern fiebern im Hintergrund, die Lehrerinnen zappeln vorn, die Jury blickt mit Argusaugen. Der Wettbewerb hat begonnen. Es herrscht Hochspannung. Gleich ist Ada an der Reihe, die Favoritin. Ein effektvoller Knall und Ada, im blütenweißen Tütü, sinkt leblos zu Boden. Kein sterbender Schwan, kein Theatergag – Mord, feiger, gemeiner Mord an einer Ballerina.

Der Kommissar wird gerufen, bringt Ordnung in die aufgeregte Elternschar, die konsternierte Jury, die entsetzten Fans. Verdächtige werden gesucht und schließlich auch gefunden. Nur Ada wird nie mehr tanzen.

Vor mehr als 25 Jahren hat Meisterchoreograf Maurice Béjart (1927–2007) den Ballettkrimi „Le Concours“ mit seinem Ballet du XXe siècle in Paris uraufgeführt und damit das Publikum begeistert. Wie so oft choreografierte Béjart ein „Spectacle total“, ein Gesamtkunstwerk aus Tanz und Theater mit einer Handlung, die unterhält und überrascht.

Ballettdirektor Manuel Legris hat das amüsante Mörderspiel angesetzt, „weil ich es mag und weil dafür ein großes Ensemble notwendig ist, mehr als 60 Mitwirkende sind auf der Bühne. Da kann ich das Ensemble der Volksoper gut einsetzen. Ich habe die beiden Kompanien gemeinsam übernommen, damit muss ich leben. Schließlich haben wir dadurch auch viel mehr Vorstellungen.“

Legris selbst hat als Kommissar à la Humphrey Bogart – Hände in den Taschen des Trenchcoats, Schlapphut in die Stirn gezogen – brilliert. Aber den Gedanken, zehn Jahre nach der Pariser Aufführung in der Opéra Garnier, auch in Wien den Detektiv zu tanzen, hat er nicht einmal erwogen: „Ich habe so viele gute Tänzer, so viele interessante Persönlichkeiten, es ist nicht meine Aufgabe auf der Bühne zu stehen. Ich brauche das nicht mehr.“ Wie ernst der ehemalige Startänzer (Étoile) der Pariser Oper seine Aufgabe nimmt, weiß sogar der Portier in der Operngasse: Legris hier, Legris da. Zwölf Stunden von neun bis neun, arbeitet er – im Probensaal, im Büro, als kritischer Zuschauer bei den Aufführungen. Die Paraderolle des Detektivs studiert er mit seinem Ersten Solotänzer Vladimir Shishov und dem Liebling der Wienerinnen Gregor Hatala ein. „Ada, das Opfer, probiere ich mit Olga und Mascha.“ Olga und Mascha, das sind die beiden Ersten Solotänzerinnen, Olga Esina und Maria Yakovleva.

Wenn einer Spitzentänzerin die Rolle einer Leiche anvertraut wird, ist klar, dass die Figur nicht leichenblass bleibt. Die Ermordete darf sich als Ada immer wieder erheben, um mit den Prinzen den Pas de deux zu tanzen. In Rückblenden wird ihr Leben als Zirkusartistin und klassische Ballerina aufgerollt, damit der Kommissar das Mordmotiv findet. So sind nicht nur die von Hugues Le Bars komponierten Alltagsgeräusche zu hören, sondern auch Gustostückerl aus klassischen Balletten von Peter Tschaikowski, Ludwig Minkus, Adolphe Adam oder Léo Delibes. „Und“ wirft Legris ein, „es gibt viele dankbare, und auch komische Rollen für mein Ensemble.“

Mit dem getanzten Film (Subtitel „Ballet-Film“) macht sich Béjart auch über Wettbewerbe und Ausscheidungskämpfe in der Welt des Balletts lustig. Die waren ihm zuwider, niemals war er zu bewegen, in einer Jury zu sitzen. Die Jury hat es Béjart auch besonders angetan: Der Franzose, die Amerikanerin, und die beiden Paare aus Russland und Japan sind perfekte Karikaturen. Auch „La Brambilla“, Adas Mutter und ehedem große italienische Ballerina, oder Miss Maud, Adas beleidigte Lehrerin, sind mit böser Ironie gezeichnet. Verdächtig sind nicht nur die beiden ältlichen Damen. Auch ein verliebter Jüngling, der Zauberer, dem Ada einst assistierte, der Choreograf und ihre beste Freundin werden verhört. Bis zum Finale der ebenso komischen wie poetischen Tanzveranstaltung bleibt das Publikum gespannt, ob der Kommissar den Mord an der Ballerina aufklären wird. Eisern hüllt sich auch Ex-Kommissar Legris in Schweigen.

Gebrochen wird es mit Verve durch die Assoziation zu einem aktuellen „film dansé“. Das Stichwort „Black Swan“ bringt den Direktor in Rage. Die blauen Augen sprühen Feuer. „Une catastrophe!“ ruft er und schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen. „Eine ganz schlechte Reklame für den Tanz. Horrible! Das Miserabelste, was ich im Kino zum Thema Tanz je gesehen habe.“ Entspannt lächelt Legris erst wieder, wenn er als stolzer Vater und strenger Lehrer von seinen „Kindern“ schwärmt: „Tout va très bien – Alles läuft sehr gut!“ Ein Direktor mit Herz und Verstand, das wissen die Tänzer und spürt das Publikum.

 

"Le Concours", Premiere 17. April 2011, Volksoper Wien

Das Gespräch mit Manuel Legris ist am 11. März im Schaufenster / Kultur Spezial der "Presse" erschienen. tnaz.at dankt Julia Stix für de Überlassung des Fotos von Manuel Legris.

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