„Räumliche Limitierungen fordern unsere Kreativität heraus“, meint Philippe Riéra vom österreich-belgisch-französischen Kollektiv Superamas zu den Herausforderungen der neuen Arbeit im Weltmuseum. „History of Violence“ entsteht im Rahmen eines Research-Projects und eng bezogen auf Objekte - historische Kriegs- und Jagdutensilien - die im „sicheren“ Umfeld des Museums verwahrt werden. Alle Objekte seien gekauft, nicht gestohlen worden. Das besagen Zertifikate, die die Waffen und Schilde mit der blutigen Geschichte zieren, so Philippe Riéra vom Kollektiv Superamas im Gespräch.
Was war der Ausgangspunkt für „History of Violence“?
Superamas: Diesmal war zuerst der Raum da. Die noch leeren Ausstellungsräume des Weltmuseums sollten bespielt werden. Die Arbeit entsteht auf Einladung von Impulstanz. Uns interessiert der Unterschied zwischen dem sauberen, sicheren Ambiente des Museums und der Geschichte der Objekte, die in Kriegen oder für die Jagd benutzt wurden. Es sind nun „tote“ Objekte, deren ursprüngliches Leben von uns rekonstruiert werden soll.
Wie kann man sich die Arbeit vorstellen?
Superamas: Unser Spiel bezieht das Publikum mit ein. Es werden den Besuchern seltsame Charaktere begegnen z.B. Tarzan oder Pocahontas. Das wird durchaus witzig sein, aber nicht seicht, vor einem ernsten Hintergrund. Und wir haben erreicht, dass wir die Kollektion auch aus den Glasboxen holen und damit in Kontakt treten können. Es wird keine Installation, es geht um Jagen und Gejagdwerden, Kolonialismus und die Vertreibung indigener Völker. Es ist eine ortspezifische Arbeit im Weltmuseum, die nur dort gezeigt wird und die die Objekte lebendig werden lässt und das Publikum direkte Erfahrungen machen lässt.
Wie wird das Publikum einbezogen?
Superamas: Vielleicht wird die Performance darin enden, dass das Publikum die Kolonialisten repräsentieren wird. Oder auch die finanzielle Macht, die den Buschmännern genommen wurde. Diese wurden aus ihren Ländern wegen des Reichtums an Rohstoffen vertrieben, wegen Diamanten, die gefunden wurden. Sie selbst durften die Erträge ihres Landes nicht einbringen. Ebenso erging es auch vielen indigenen Kulturen in Australien und den USA, das nennt man dann Zivilisierung. Wir wollen ein solches Vertreibungs-Experiment spürbar machen. Das klingt sehr intellektuell, wird aber durchaus Spaß machen.
Humor ist ein wichtiges Element in den Arbeiten von Superamas …
Superamas: Wir spielen mit einem entspannten Zugang zum Publikum, verwenden auch immer wieder popkulturelle Bezüge. Wir wollen Theater zu einer sozialen Realität herunterbringen. Anspruchsvoll, aber relaxt. Es ist immer eine doppelte Reflexion bei Superamas: Es gibt eine starke inhaltliche Ausrichtung – aber eine ebenso starke auf das Format der Arbeit. Und wir fragen uns, was macht Theater heute aus und was könnte es sein. Heute spricht man mit jemandem, checkt gleichzeitig sein Smartphone und postet auf seinem Facebook-Account. Diese Komplexität der heutigen Welt, das interessiert uns.
Superamas plant auch schon eine größere Arbeit für 2016?
Jetzt arbeiten wir an einem neuen Stück, das Nationalismus verhandelt: Was erzeugt eine Identität? Was macht dich zu einem Österreicher, Franzosen, Europäer? Wir schauen dabei zum Ersten Weltkrieg zurück, aber auch nach vor. Darauf, was uns in näherer Zukunft erwarten könnte. Wir beginnen mit dem Jahr 1914, die Show beginnt mit einem Blick auf Kinder, die in den Gräben spielen. Von dieser Zeitdimension bewegen wir uns auf der Bühne in die heutige Zeit. Das Stück heißt „Vive l`Armée Française!“ und kommt im Herbst 2016 heraus.
Impulstanz: Superamas „History of Violence“, Uraufführung, Weltmuseum Wien, 29./31. Juli, 02. August 2015 und Installation "Score" Weltmuseum, 29.7. bis 16.8.2015