Das frisch renovierte Schloss Haindorf bietet die malerische Kulisse für die Operette Langenlois, bei der heuer „Das Land des Lächelns“ auf dem Programm steht, worin Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsballetts (an der Volksoper) Hauptrollen spielen. In der Regie von Florian Hurler fügen sie dem Lehárschen Ohrenschmaus mit veränderter Geschichte einen beachtlichen Mehrwert hinzu.
Das kulturelle Erbe gerät angesichts des gesellschaftlichen Wandels immer mehr ins Visier jener, die die veränderten Gegebenheiten in allen Lebensbereichen repräsentiert sehen wollen. Auch der Intendant der Operette Langenlois, Christoph Wagner-Trenkwitz, wollte sich diesem Anspruch stellen und verlegte die Geschichte von China in den Zirkus. Nicht mehr unterschiedliche kulturelle Lebensstile prallen hier aufeinander. Sou-Chong ist in der aktuellen Fassung kein chinesischer Prinz, sondern ein Zirkusclown in leitender Position beim „Chinesischen Nationalzircus“. Das Lied „Immer nur lächeln“ bedient also nicht mehr eine angebliche asiatische Eigenart, sondern das Wesen des Komödianten. Und so führt die Liebe Lisa nicht mehr nach Fernost, sondern auf Zirkustournee, in ein Leben, das der verwöhnten und selbstbewussten Tochter aus gutem Hause so gar nicht behagt.
Für die Darstellung der (chinesischen) Zirkuswelt agieren nicht Artist*innen, sondern Tänzer*innen des Wiener Staatsballetts mit braver Tanzakrobatik und erfüllten damit erst wieder das Operettenklischee einer oberflächlichen Welt, in der Stereotype treuherzig und realitätsfern bedient werden. Auch die Musik (samt Liedtext) entspricht diesem Zeitgeist. Darüber kommt man eben auch bei einer inhaltlichen Neudeutung nicht hinweg.
Hurler und Wagner-Trenkwitz haben bei ihrer Inszenierung außerdem eine Rahmenhandlung eingeführt, in der Lisa ihrer Tochter von der Jugendliebe erzählt. Dabei werden die Sänger*innen Jörg Schneider als Sou-Chong und Cornelia Horak als Lisa von der Tänzer*innen Mila Schmidt und Keisuke Nejime gedoubelt. Dem Herzschmerz der Lehárschen Operettenwelt wird eine jugendliche, eine heutige romantische Beziehung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen gegenübergestellt. In der vermutlich einzigen Operette ohne Happy End, verweist das Tänzerpaar auf eine hoffnungsvolle Zukunft, wenn sie am Ende, nachdem die Mutter ihre Geschichte erzählt hat, Hand in Hand zum Maturaball eilen.
Hätte das nicht genügt, um das vor hundert Jahren kreierte Werk in seiner Integrität zu belassen? Denn bei allem Anspruch auf politische Korrektheit ist die verzerrte Darstellung von kulturellen Stereotypen als Teil unserer Kulturgeschichte nicht zu leugnen. Vielleicht sollten wir uns ihr stellen, statt sie verkrampft gerade zu bürsten.
Doch abgesehen von diesen soziopolitischen Fragen, war diese Inszenierung ein musikalischer Genuss. Lorenz C. Aichner dirigierte das Wiener Kammerorchester, neben den oben erwähnten Hauptdarsteller*innen glänzte das Buffo-Paar Jakob Semotan als Gustl und, ganz besonders, Juliette Khalil als Mi mit ihren gesanglichen und tänzerischen Fähigkeiten.
Operette Langenlois: „Das Land des Lächelns“, Premiere am 21. Juli. Weitere Vorstellungen am 28., 29., 30. Juli; 4. und 5. August im Schloss Haindorf, Langenlois