In einer Flut von Wiederholungen, in einer Art individueller Gleichförmigkeit von Wellen, suchen fünf Frauen aus fünf Generationen nach dem, was sie, was Frau, was die Welt ausmacht. Eine „live visual“ Tanztheaterperformance nennen sie ihren spartenübergreifenden Versuch, ihre „Assoziation in fünf Körpern“, wie sie ihre bewegten Bilder außerdem charakterisieren.
Bereits das aufwändig und kreativ gestaltete Programmheft macht deutlich, dass sich die Performerinnen unter der Regie von Natascha Grasser der Komplexität ihrer Fragestellung bewusst sind: Die hier angeschnittenen Themenbereiche bezeugen, dass es, abhängig vom Rezipienten, Denkanstöße sind, die hier geboten werden und deren Griffigkeit nach breiter Unterstützung verlangt: So wurde in Steffi Jöris eine Choreografin gewählt, die Erfahrung im medialen Zusammenspiel mitbringt, insbesondere in dem von zeitgenössischem Tanz und verbaler Kommunikation; letztere konkretisierte die Philosophin und Autorin Sophie Reyer, indem sie Inputs der Performerinnen in expressive Sprache verwandelte. In zumeist schlagwortartigen Textpassagen, die einerseits etwa in einer der Anfangsszenen einen der Grundgedanken, „Der Körper, ganz schön intelligent, speichert, vergisst nichts“, aus dem Munde der fünf Frauen in Wiederholung wiedergeben; und solche, die andererseits etwa von Hanni Westphal in einer solistischen Szene in staccatoartiger Aufzählung von (angeblich) frauenspezifischen Adjektiven positiver wie negativer Inhalte niederprasseln lassen; oder, die aus dem Munde von Yuki Koji, einer aus Japan gebürtigen Künstlerin, die weltumspannende Allgemeingültigkeit des Themas ahnen lässt.
Weiters sind es die großflächigen, den Bühnenhintergrund begrenzenden Videoprojektionen, insbesondere die der audioreaktiven Art (Nina Ortner), die den Gedanken der Vernetzung aller Aktionen, „auch“ der weiblichen (!), konkretisieren. Bewegungstechnisch wird dies nicht so sehr in Variationen, aber doch in eindringlichen Wiederholungen vorgeführt. Ob im unmittelbaren Nebeneinander und damit in fließender Weitergabe ein und derselben Bewegung oder aber etwa durch alleiniges Anstoßen, respektive Berühren, was Emotionen und Gedanken verursacht und in Bewegung versetzt. So jedenfalls könnten die überdimensionalen Live-Darstellungen, ihre Veränderungen, ja (digitalen) Zerlegungen der Gesichter der jeweiligen Performerin interpretiert werden.
Vieles bleibt offen und muss offenbleiben: „Wer bin ich eigentlich?“ – Diese Frage kann auch mit den zitierten, faktenbasierten Angaben aus der Vergangenheit nicht beantwortet werden; noch weniger mit hypothetischen, die Zukunft betreffend. Möglich ist das Aufzeigen von Veränderungen, wie sie beispielsweise die zunehmende Geschwindigkeit von Abfolgen der gezeigten Bewegungs-Vorgänge andeuten mag. Aber gilt nicht immer noch viel von dem, was als Großmutterprinzip anhand zahlreicher verbaler Beispiele zitiert wird?
In harmonischem, kreisrunden Bewegungsfluss rollt die Jüngste der Performerinnen über den Bühnenboden, wieder und wieder. Und doch impliziert eben diese Wiederholung die an anderer Stelle gemachte Feststellung: Ich kann nicht mehr weiter; ist doch keinerlei Weiterkommen im Sinne von Entwicklung feststellbar. Vielmehr ist Zerrissenheit und Ungewissheit neben allem Festgefahrenen erfahrbar und interpretierbarer Faktor. Dies vermittelt sich bei allem positiven wie und neben dem negativen Miteinander. Wohltuend daher, wenn letztlich resümiert wird: Schon spannend, so ein Leben in seiner Einzigartigkeit.
„Wellen, wir“. Eine Mezzanin-Theater-Produktion, Premiere am am 2. Februar 202 im Kristallwerk. Weitere Vorstellungen am 4., 5., 6. Februar