Für ihre vorläufig letzte Aufführung in der Wiener Staatsoper nützte die Ballettakademie mit Klassik pur, romantisch verbrämt oder volkstümlich verpackt die großzügigen Bühnendimensionen. Mit „Till Eulenspiegels lustige Streiche“, „Chopiniana“ und „Tchaikowsky Surprise“ präsentierten die Schülerinnen und Schüler ein anspruchsvolles Programm.
Bella Ratchinskaia hat diesmal für die Ballettakademie „Chopiniana“ nach Michail Fokine inszeniert. Das Werk zur Musik von Frédéric Chopin in der Orchestrierung von Alexander Glasunow ist ein Juwel der romantischen Ballettliteratur an der Schwelle zur Moderne und befindet sich auch unter dem Titel „Les Sylphides“ im Repertoire zahlreicher Ballettcompagnien. Im Gegensatz zu „La Sylphide“ (das auch vom Wiener Staatsballett getanzt wird) wird hier keine Geschichte erzählt, sondern die Ästhetik des Ballet blanc zelebriert. Eine große Herausforderung für die Schülerinnen, die im Corps de ballet minutenlang im Gleichklang ihre Posen halten mussten. Als Hauptpaar machten Isabella Severi-Hager und Daniele Ruggiero gute Figur und auch alle anderen Tänzerinnen schlugen sich bei dieser schwierigen Aufgabe wacker. Jedenfalls bekam man Lust, dieses Stück nun mit dem Wiener Staatsballett zu sehen.
Anschließend wechselten die jungen Tänzerinnen ihre wadenlangen Tüllkleider gegen Tellertutus, um in „Tchaikovsky Surprise“ in der Choreografie von Rafael Avnikjan der klassischen Linie ihre Ehre zu erweisen. Die jungen Damen und Herren tanzten die Variationen in Pas de deux, Soli und im Corps zu Ausschnitten aus Tschaikowskis Suite Nr. 3 sehr elegant, (auch wenn sich der eine oder andere Manierismus in der Ausführung bereits bei den jungen Tänzern und Tänzerinnen einzuschleichen droht).
Auf der kleinen Agrana Studiobühne Walfischgasse, wo die Ballettschule in Zukunft ihre Abschlussaufführungen haben wird, werden diese beiden Werke wohl kaum mehr Platz haben. Nachdem sie 2017 bereits unter dem Titel „Till Eulenspiegel … und lustige Streiche“ angekündigt sind (und von 8. bis 11. Juni auf dem Programm stehen), wird die Eingangschoreografie der diesjährigen Matinee wohl weiterhin im Repertoire der Ballettakademie bleiben. Peter Rille hat seine Choreografie zu Richard Strauss’ Musik mit den jüngeren Jahrgängen einstudiert. Beatrice Waulin hat dazu bezaubernde, farbenfrohe, folkloristische Kostüme entworfen. Till Eulenspiegel ist hier ein Paar (Marina Pena und Theo Bourg), das die Eulenspiegel-Mütze als Band auf dem Arm bzw. Bein trägt. Wenn die Kinder in ordentlichen Formationen defilieren und tanzen, machen sie das wunderbar. Warum sie aber so aufgeregt hüpfen, winken und mit den Armen fuchteln wissen sie offenbar ebenso wenig wie das Publikum, denn Eulenspiegeleien sind bei den Solisten nicht erkennbar.
Matinee der Ballettakademie der Wiener Staatsoper am 26. Mai 2016 in der Wiener Staatsoper.