„Eine Vorstellung anlässlich des Bühnenabschieds von Kirill Kourlaev“ ist ganz oben am Programmzettel gestanden. Kirill Kourlaev, einer der fünf Ersten Solotänzer des Ensembles, beendet aus eigenem seine Karriere als Tänzer des Wiener Staatsballetts. Frühzeitig. Es ist ein Adieu in doch noch jüngeren Jahren, als 34jähriger. „Es ist besser, ein Jahr früher zu gehen als einen Tag zu spät“.
Diese ihm gewidmete Vorstellung von Kenneth MacMillans "Mayerling" war dennoch nicht sein letzter Auftritt im Haus gewesen. Für seine Fans wird er in mehreren Ballettabenden im Juni zu sehen sein, und in der die Ballettsaison beschließenden Nurejew Gala beendet er in der Rolle des Lanquedem im ersten Akt von "Le Corsaire" seine Karriere.
Doch der gebürtige Russe, der nun genug von der Knochenarbeit im Ballettsaal hat und die Hälfte seines Lebens in Österreich verbrachte, bleibt ein Wiener. Mit starker Russland-Connection: Als Geschäftsführer von „Das Elite-Lyzeum“ hat er sich gemeinsam mit seiner Gattin Olga Esina als künstlerischer Leiterin ein neues Ziel gesetzt. Dieses Lyzeum – wohl nicht nur für Mädchen? – mitten in der Wiener City möchte sich als internationales Bildungsförderungsinstitut mit Schwerpunkt russischer Kultur für Kinder und Jugendliche etablieren. Unterricht in Russisch wird an den Nachmittagen geboten, Malen, Gesang sind zu erlernen. Und Tanz, das ist wohl klar. Auch Schach gehört zu russischer Kultur. Und somit, Kourlaevs nunmehrige Aufgabe: Talente zwischen drei und achtzehn Jahren werden von ihm gesucht ....
Der gebürtige Moskauer erhielt seine erste Ausbildung in seiner Heimatstadt, kam dann 1998 als 16jähriger nach Österreich, lernte am Ballettkonservatorium St. Pölten und an der Ballettschule der Wiener Staatsoper. 2001 wurde er Mitglied des Wiener Staatsopernballetts, 2004 avancierte er zum Halbsolisten, 2009 zum Solotänzer. Seit 2012 durfte er sich Erster Solotänzer des Wiener Staatsballetts nennen. In beinahe allen Einstudierungen dieser Jahre ist er besetzt gewesen, als ein eher herber Typ. Einige seiner Partien: Drosselmeyer in „Der Nussknacker“, Johann in Petits „Die Fledermaus“, Blaubart in Thoss' „Blaubarts Geheimnis", Espada in „Don Quixote“, Tybalt in Crankos „Romeo und Julia“, Fürst Gremin in Crankos „Onegin“, der Inspektor in Béjarts „Le Concours“, Frédéri in Petits „L´Arlésienne“, zuletzt Der Engel in Neumeiers „Josephs Legende“ und Lanquedem in „Le Corsaire“. Im Rückblick als Junger: der Chinese in Hassreiters „Puppenfee“, Franz in „Coppélia“, in Zanellas „Spartacus“ und „Renard“.
Als Kronprinz Rudolf in Kenneth MacMillans „Mayerling“ konnte er sich mit den Partnerinnen Nina Poláková als Mary Vetsera, Eszter Ledán als Stephanie, Iliana Chivarova (Kaiserin Elisabeth), Prisca Zeisel (Mizzi Caspar) und Ketevan Papava (Gräfin Larisch) nochmals in einer extrem anspruchsvollen Rolle beweisen und in den Mittelpunkt stellen. In seinem „Elite-Lyzeum“ wird Kirill Kourlaev nun zu achten haben, jungen Menschen eine vormals reiche Kultur, die Russische, näher zu bringen.
Wiener Staatsballett: „Mayerling“ am 19. Mai 2016 in der Wiener Staatsoper