Robert Gabdullin, seit September 2012 Solotänzer im Wiener Staatsballett, überzeugte mit seinem Debüt als Basil seine Partnerin Nina Poláková wie das Publikum in der ausverkauften Staatsoper und vor allem auch Ballettchef Manuel Legris. Hinter dem Vorhang ernannte er den Tänzer aus Swerdlowsk (heute: Jekaterinburg) zum Ersten Solotänzer. Mit Denys Cherevychko, Kirill Kourlaev, Roman Lazik und Vladimir Shishov brilliert das Staatsballett nun mit fünf Spitzentänzern, die auch international erfolgreich sind.
Schon bei seinem ersten Auftritt in Wien, anlässlich der Nurejew-Gala 2012, begeisterte der Baschkire mit Allüre und Stilsicherheit. Den Eindruck konnte er als Drosselmeyer / Der Prinz in Rudolf Nurejews „Nussknacker“ und auch in Nils Christes Ballett „Before Nightfall“ (Musik: Bohuslav Martinu) oder in George Balanchines „Stravinsky Violin Concerto“ verfestigen. Das Publikum erobert er jedoch als Prinz, wenn denn ein schaumschlagender Barbier auch ein Prinz sein kann.
Gabdullins Basil tanzt perfekt, springt hoch, hält sicher, doch fehlt ihm noch das gewisse Etwas, das Basil von Prinz Nussknacker unterscheidet.
Nina Poláková, Basils geliebte Kitri, stört das wenig, auch sie ist lebendige Perfektion, ohne Fehl und Tadel sind die Variationen, eine dem designierten Ersten Solotänzer würdige Erste Solopartnerin, weniger das blutvolle, kecke Mädchen, das dem Vater trotzt und sich auch vom künftigen Ehemann nichts gefallen lässt.
Leben nach Spanien bringt Davide Dato als Zigeuner. Wenn er mit Elan und Ausdauer die „Prisjadka“ (Wechselsprung zwischen gestrecktem und angewinkeltem Bein aus der Hocke, Element des ukrainisch/ russischen Volkstanzes) steppt, fallen auch den sms-süchtigen Touristinnen die Mobiltelefone aus der Hand. Was dem jungen Halbsolisten zum Solo-Ballerino noch fehlt, macht er durch ungebremsten Köpereinsatz und intelligente Rollengestaltung wett.
In Don Quixotes schönsten Träumen schwebt Olga Esina als Königin der Dryaden ohne den Boden zu berühren, makellos königlich auch Nina Poláková als Dulcinea. Keine Überraschung mehr ist die blutjunge Natascha Mair als verspielter Amor. Mühelos kann die Corpstänzerin mit den beiden Ersten Solistinnen mithalten. Klar, dass Don Quixote (Kamil Pawelka) nicht aus seinen Träumen geweckt werden will. Nicht verträumt, aber etwas verhaltener als in die vorangegangen Vorstellungen leitete Kevin Rhodes das Orchester der Staatsoper. Spanisches Prestissimo und, besonders fein, romantisches Adagio – jeder Takt unterstützte, con spirito gespielt, das abwechslungsreiche Geschehen auf der Bühne.
Der erste Basil für Gabdullin war der letzte für das Publikum. Müdigkeit war auch im Corps de Ballet kaum zu bemerken. Wäre auch fatal, denn gleich nach der Nurejew Gala reist das Wiener Staatsballett nach Paris, wo es nahezu einen Monat lang zu Gast ist. Natürlich auch mit „Don Quixote“ in der Choreografie von Rudolf Nurejew.
Don Quixote, letzte Vorstellung, 20. Juni 2013, Wiener Staatsoper.