In immer neuer Konstellation treffen die Menschen im Chatroom aufeinander. Sie erzählen von ihren Träumen. Wir sind live dabei, zuerst über eine viergeteilte Leinwand. Wenn sich später die Leinwand hebt, sehen wir die vier auch synchron auf der Bühne. Kaum treffen sich der Franzose Jerome und der Italiener Roch im Chatroom, fangen sie schon an zu streiten. Die ernste Dänin Karen bringt Spannung in die Gruppe, denn sie will über Träume reden, und nur über sie, während die naiv-fröhliche Polin Agata bei jeder Unterhaltung gerne ihre nervigen Fragen stellt ...
Philippe führt als Moderator und Conferencier durch den Abend. Er stellt die Website www.youdream.be vor, und lädt das Publikum ein, seine Träume zu posten. Nun aber fordert er die anwesenden Zuschauer auf, gleich ihre Träume mit allen zu teilen. Die Darsteller werden diese dann auf der Bühne verkörpern.
Oje, Publikumsbeteiligung! Oh fein, Glück gehabt! Die Freiwilligen erzählen schöne Geschichten. Diese werden dann von den TänzerInnen verkörpert – Improvisationstheater pur. Nach den dritten „Enactment“ hat man trotzdem irgendwie das Gefühl, auf einem Kindergeburtstag gelandet zu sein ...
Bevor man sich aber gelangweilt vom Geschehen absentiert, fährt die Leinwand herunter und Maria Walewska trifft Napoleon, um ihn um die Rettung Polens vor den Österreichern und Preußen zu bitten. Nach dem ersten Kuss fällt sie in Ohnmacht. Cut. Maria und Napoleon treten vor die Palasttür, wo Nazischergen ihren Terror treiben ...
Zurück zur Bühne: Dort geht es weiter mit munteren Sketches, Gesangseinlagen und Karens hinreißender Pole Dancing-Nummer im roten Dessous.
Weiter im Film. Im Turm des Palastes morst der widerständische Offizier seine Nachrichten. Maria übernimmt seine Platz, er landet auf einer Bühne, wo Napoleon das Publikum unterhält und der Offizier entpuppt sich als Drag Queen der Country Music. Während die Nazis den Verräter jagen und einander umbringen, bricht ein Unwetter herein ...
... der Film ist aus, aber das Unwetter tobt nun auf der Bühne. Martin, der etwas untersetzte Hippie mit Bart und langem Haar taucht auf, der Regen lässt nach und Iggy Pop singt „I am a Passenger“. Martin blickt beglückt gen Himmel – dort schwebt ein vollendeter Regenbogen.
Mit dem Einsatz unterschiedlicher Medien, mit der traumartigen Dramaturgie sowohl auf der Bühne als auch im Film entsteht eine virtuelle Wirklichkeit, die auf dem schmalen Grat zwischen Fantasie und Realität balanciert. Das Thema Europa, das zwischen (politischen) Einigungsambitionen und nationalstaatlichen Eigeninteressen oszilliert, passt da perfekt dazu.
Originell waren SUPERAMAS mit ihrem Medienmix schon immer, aber nun beherrscht das Team um Philippe Riéra die eingesetzten Mittel perfekt. Leider war das Stück in Wien nur zweimal zu sehen, doch im Internet kann man Aususchnitte aus der Aufführunge sehen, gepostete Träume verfolgen oder seine eigenen hochladen.
SUPERAMAS: „YouDream“, Tanzquartier Wien, 28. Jänner 2011