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Die erste Ausgabe von „OdeonTanz“ bot mit erstklassigen TänzerInnen und spannenden Choreografien eine vielfältige Entdeckungsreise

OdeonTanz, Odeon Wien, 04 bis 06.02.2010

„Hoch hinaus“ lautete das Motto der ersten Ausgabe von OdeonTanz - und es war auch nicht zu hoch gegriffen. Denn das Konzept von Rose Breuss' erster Ausgabe des neuen Wiener Festivals für zeitgenössischen Tanz ist aufgegangen. An vier Abenden war eine stilistische tänzerisch-choreografische Bandbreite in zehn kurzen Stücken, inklusive einem klassischen Einsprengsel, zu sehen.
Das Zentrum des Festivals bildete die Cie Off Verticality, die 2009 in Linz gegründet wurde. Diese postgraduale Compagnie des Institute for Dance Arts (IDA) an der Linzer Anton Bruckner Universität bewährte sich sowohl mit ihren jungen, vielseitigen TänzerInnen als auch mit einigen (angehenden) ChoreografInnen.
Die Compagnie-GründerInnen Rose Breuss („Sichtbare Lieder“) und Johannes Randolf steuerten jeweils ein Stück zum Programm bei. Ausgehend von Stanley Milgrams „small world paradigm“ manifestieren sich in Randolfs Choreografie „6 Degrees of Separation“ zufällige Begegnungen der sechs TänzerInnen in Duos, Trios und Gruppenkonstellationen. Bewegungsimpulse, die zu den Begegnungen führen, werden dabei konsequent weiterentwickelt und ergeben ein dynamisch und rhythmisch akzentuiertes Stück, in der die Lichtregie dramaturgische Akzente setzt.
Eine Tour de Force ist Rui Hortas „Ordinary Events“ aus dem Jahr 1991 zum Trommelwirbel von „Les Tambours de Bronx“, in die langsame Passagen mit skulpturalen Körperanordnungen als Oasen der Ruhe eingebettet sind. Auf alle Fälle ist „Ordinary Events“ eine technisch Herausforderung für die sechs TänzerInnen Amandine Petit, Aureliusz Rys, Blazej Jasinski, Luis Gonzaga, Petr Ochvat und Tamara Kronheim - und sie wurde bravourös gemeistert.
Juan Dante Murillo Bobadilla und Arnulfo Pardo Ravagli reflektieren in ihrer kraftvollen und eindringlichen Choreografie „HATE“ über die Biografien zweier Künstler, die beide im Alter von 25 Jahren aus dem Leben schieden. Die Mischung aus Tanz, Musik und die sparsam eingesetzten Texte machte deutlich, was der Tanz ausdrücken kann: Gefühle, Emotionen, Seelenzustände. In „HATE“ gingen sie unter die Haut.
Wie werden Emotionen tänzerisch ausgedrückt war das Thema der Lecture-Demonstration von Rainer Krenstetter (der an der Wiener Staatsoper ausgebildete Tänzer ist Solist beim Staatsballett Berlin) und der Tanzwissenschaftlerin Claudia Jeschke. über die Rolle des Albrecht in „Giselle“. Krenstetter führte durch die Gefühle, die die ProtagonistInnen in „Giselle“ durchleben und und wie er die Rolle des Prinzen anlegt. Dieses Beispiel aus dem romantischen Ballett zeigt wie der Tanz selbst und nicht wie früher nur die Pantomime Gefühle sichtbar machte. Die klassischen Strategien der dramatischen Entwicklung mit tänzerischen Mitteln haben heute ihre Gültigkeit und diese These wurde von Krenstetter in einer von Sybille Dahms und Claudia Jeschke konzipierten Choreografie zu Mozarts Chaconne aus „Idomeneo“ ebenfalls deutlich.
Zum Thema „Pantomime und Tanz“ passt auch Bernd Bienerts „Signings“ aus seiner choreografischen Serie „SCHRIFTzeichen“. Nadia Kichler gebärdet mit Ausdruck und Bühnenpräsenz. Tänzerische Bewegungen stehen der Gebärdensprache gegenüber. Gebärde und Tanz gehen zeitweilig aufeinander ein, oder entwickeln sich losgelöst voneinander. Bienert hat für dieses Kleinod (die Choreografie dauert zehn Minuten) wieder eine erstklassige Tänzerschaft aus mehreren Generationen um sich versammelt: Karl Schreiner, Yukina Hasebe, Boris Nebyla, Harmen Tromp, Ursula Szameit und Sandra Zelechowski.
Den Abschluss bildete an zwei Abenden die von Lina Maria Venegas mit unbegleiteten jungen Flüchtlingen erarbeitete Inszenierung „Auswärtsspiel - Game Away from Home“, die im Sommer 2009 bei Österreich Tanzt im Festspielhaus St. Pölten uraufgeführt wurde. Dieses Mal arbeitete Venegas mit 14 afghanischen Flüchtlingen und ergänzte das „Auswärtsspiel“ mit einer kurzen Performance ihrer Eindrücke bei der Arbeit mit den geflüchteten Männern. Ein künstlerisches Statement, das mehr sagt als tausend (politische) Reden.